Diese Aufsatzsammlung analysiert die Darstellung und Diskussion von Flucht und Migration in der australischen Presse der späten 1930er Jahre. Im Zentrum steht die Frage, wie Presseberichte zur Konstruktion von Fremdheit, Zugehörigkeit und nationaler Identität beitrugen, insbesondere im Kontext globaler Fluchtbewegungen aus dem nationalsozialistischen Europa. Die Blogbeiträge untersuchen anhand diskursanalytischer Methoden, welche Narrative – etwa Bedrohung, Überfremdung, ökonomische Belastung oder Humanität – in führenden australischen Zeitungen reproduziert und verhandelt wurden. Besonderes Augenmerk gilt dabei der restriktiven „White Australia Policy“ und der grundlegenden Prägung nationaler Identität durch Medienrhetorik. Die unterschiedlichen Beiträge nehmen spezifische Fallbeispiele in den Blick, darunter die Berichterstattung über die Évian-Konferenz, die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge, die Darstellung unbegleiteter Migrant:innen und die spezifischen Narrative zu einzelnen Gruppen oder Ereignissen. Ebenso werden die Wechselwirkungen von Politik, Presse und Öffentlichkeit sowie die Spielräume für solidarische oder ausgrenzende Diskurse beleuchtet. Methodisch basiert das Projekt auf der Auswertung digitalisierter Zeitungsquellen und einer multiperspektivischen Herangehensweise im Rahmen eines universitären Lehrprojekts. Insgesamt verdeutlicht die Beiträge die historische Verwobenheit von medialen Diskursen, migrationspolitischer Praxis und gesellschaftlicher Identitätsbildung, deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart reichen.

„Who wants Doctor of Philosophy as Servant?”
Die Rezeption geflüchteter deutschsprachiger Frauen in australischen Tageszeitungen 1938/39
Diana Röthlinger, Olivia Schlatzer
I. Einleitung
Am 27. Juni 1939 schrieb die australische Tageszeitung The Daily News: „The National Council of Jewish Women in Australia propose to ease the domestic situation by bringing out 100 Jewish refugee girls a year from Central Europe to train in domestic work and Australian ways.”[1] Ein in der Zwischenkriegszeit angestiegener Bedarf an domestic servants (Hausangestellten) in Australien sollte also durch die gezielte Migration und Beschäftigung von vor dem Nationalsozialismus geflüchteten Jüdinnen gedeckt werden.[2] Diese mediale Perspektive auf geflüchtete Frauen steht im scharfen Kontrast zu der in der Forschung herausgearbeiteten negativen medialen Rezeption sowie ablehnenden gesellschaftlichen Haltung gegenüber deutschsprachigen Geflüchteten[3] der ausgehenden 1930er Jahre. Geflüchtete seien in vielen Tages- und Wochenzeitungen – so die Annahme – antisemitisch stigmatisiert und als Arbeitsmarktkonkurrenz wahrgenommen worden.[4] Diese Ergebnisse scheinen vor dem Hintergrund des xenophoben zeitgenössischen Klimas plausibel, greifen jedoch, wie das obige Zitat demonstriert, nicht weit genug. Durch eine fehlende Ausdifferenzierung geschlechtsspezifischer Erfahrungen hat die Forschung jahrelang, so die These, eine männliche Flucht- und Lebensrealität universalisiert, die es im Folgenden zu dekonstruieren gilt.
Generell kann festgestellt werden, dass Migration, Flucht und die Nachwirkungen des Nationalsozialismus in Australien in den vergangenen Jahrzehnten umfassend untersucht wurden. Die australische Migrationspolitik sowie die Realität, der sich geflüchtete Deutschsprachige ausgesetzt sahen, wurden bereits 1965 in Ursula Wiemanns unveröffentlichter Master’s thesis oder 1985 in Michael Blakeneys „Australia and the Jewish Refugees 1933–1948” erforscht.[5] Seit den 1990er und 2000er Jahren wurden zunehmend kanonische Gesamtdarstellungen über Migration nach Australien, die Situation deutschsprachiger Geflüchteter sowie jüdische(s) Leben in Australien veröffentlicht, so etwa von Paul Bartrop, Suzanne D. Rutland oder Eric Richards.[6] Zuletzt eröffneten Untersuchungen zu Aushandlungsprozessen und dem Einfluss der Ankommenden auf die australische Gesellschaft unter Rückgriff auf ihr kulturelles Kapital ergänzende Perspektiven auf die gesellschaftlichen und lokalen Transformationsleistungen von Geflüchteten.[7] Trotz der sich intensivierten Auseinandersetzung mit deutschsprachigen Schutzsuchenden blieben dezidiert geschlechtsspezifische Perspektiven lange unbeachtet, sodass die Situation geflüchteter Frauen erst vereinzelt in den Blick genommen wurde.[8]
Auch wurde sich erst seit den 2010er Jahren in einzelnen Projekten mit der medialen Rezeption geflüchteter Deutschsprachiger auseinandergesetzt.[9] Dabei lagen die zentralen Forschungsinteressen auf öffentlichen Ressentiments, Rassismen, positiven Rezeptionen sowie auf Paradigmenwechseln im Zuge des „Anschlusses“, der Novemberpogrome sowie des Kriegsbeginns. Dass auch bei diesen Untersuchungen nicht zwischen – binär gesprochen – weiblichen und männlichen Geflüchteten differenziert wurde, führte jedoch, so die These, nicht zu einer geschlechtsneutralen Forschung über geflüchtete Deutschsprachige. Stattdessen reproduzierte die „gender blindness”[10] der Forschung den zeitgenössischen androzentrischen Blick auf die Geflüchteten. Eine Untersuchung der medialen Rezeption geflüchteter Frauen soll deshalb aufzeigen, inwiefern die bisher in der Forschung akzentuierten Diskussionsstränge vornehmlich auf geflüchtete Männer anwendbar sind. Demnach wird sich der Frage gewidmet, welche Kernnarrative den medialen Diskurs 1938/39 über Frauen – im Gegensatz zur androzentrischen Berichterstattung über geflüchtete Deutschsprachige – prägten.
Um sich dieser Frage zu widmen, sollen in einem ersten Kapitel zunächst Reaktionen der australischen Gesellschaft sowie der Politik auf die Fluchtbewegungen aus Zentraleuropa skizziert werden. Anschließend werden in einem dritten Kapitel anhand von Untersuchungen zur medialen Rezeption deutschsprachiger Geflüchteter Kernmotive zusammengetragen, die die androzentrische Berichterstattung prägten und in einer androzentrischen Forschungslandschaft als universale Narrative herausgearbeitet wurden. Daran anknüpfend sollen exemplarische Zeitungsartikel zu den in einer Berichterstattung über geflüchtete Frauen quantitativ vorherrschenden Themenschwerpunkten domestic work[11], Ehe und soziale Netzwerke qualitativ analysiert werden. Hierbei soll sich herauskristallisieren, wie australische Tageszeitungen geflüchtete Frauen rezipierten, welche Narrative sie diskursiv erzeugten und welche Geschlechterordnungen und integrativen Praktiken die Zeitungen herstellten. Gender soll dabei als Analysekategorie verwendet werden und einerseits als im Diskurs hervorgebrachte Kategorisierung verstanden werden, andererseits als Handlungsraum begriffen werden, in dem geflüchtete Frauen potenziell agency[12] entfalten konnten.
In einem abschließenden Fazit sollen die Kernelemente einer androzentrischen Berichterstattung mit der Rezeption weiblicher Geflüchteter abgeglichen werden. Durch eine Gegenüberstellung soll nicht nur deutlich werden, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede die jeweiligen Berichterstattungen aufwiesen, sondern auch, inwiefern vergangene Forschung den zeitgenössischen androzentrischen Blick unkritisch adaptierte.
II. Die australische Gesellschaft zwischen Migration und „Whiteness”
Um sich der Frage zu nähern, welche Narrative den medialen Diskurs um weibliche Geflüchtete prägten, muss dieser zunächst durch eine Skizzierung der Fluchtbewegung nach Australien sowie im Rahmen einer xenophoben australischen Gesellschaft kontextualisiert werden.
Generell kann festgestellt werden, dass Australien durch den 1901 erlassenen Immigration Restriction Act eine strenge Einwanderungspolitik verfolgte, die ausschließlich britische, weiße Migrant:innen tolerierte. Im Zuge dieser White Australian Policy wurde die Migration nach Australien an einen Korpus an Bedingungen geknüpft. Besonders ein Sprachtest sollte nicht-weißen Migrant:innen die Einreise verwehren und eine rassische Homogenität wahren.[13]Darüber hinaus war ein 1936 auf 200$ gesenktes landing money erforderlich, um ohne Gewährsperson nach Australien migrieren zu dürfen.[14]
Mit eben jenen restriktiven Einwanderungsbedingungen sahen sich auch jüdische und nicht-jüdische vor dem Nationalsozialismus Flüchtende konfrontiert, die keinen Flüchtlingsstatus erhielten und demnach denselben Regelungen unterstanden wie reguläre Migrant:innen.[15] Durch die rigorose Verfolgungspolitik vor allem als jüdisch Klassifizierter im Nationalsozialismus und die daraus resultierenden zunehmenden Flüchtlingsströme der 1930er Jahre, die besonders durch den „Anschluss” Österreichs im März 1938 anschwollen, sah sich die Staatengemeinschaft gezwungen, die Flüchtlingsthematik auf internationaler Bühne zu besprechen.[16] In der gescheiterten Konferenz von Evian im Juli 1938 bekräftigte der australische Handelsminister Thomas Walter White die White Australian Policy durch die vielzitierte Bemerkung, man habe „no real racial problem” und sei „not desirous of importing one”.[17] Erst nach den Novemberpogromen 1938 verkündete der Innenminister John McEwen, Australien sei gewillt, 15.000 aus Europa Fliehende über die Dauer von drei Jahren aufzunehmen – eine Zusage, die durch den Ausbruch des Krieges im September 1939 nicht realisiert wurde.[18] Insgesamt flüchteten bis Kriegsbeginn ca. 7.000 Menschen aus Zentraleuropa nach Australien, die sich nach ihrer Flucht erneut einer antisemitischen und rassifizierenden Gesellschaft ausgesetzt sahen.[19]
Zwar wurden die Geflüchteten besonders mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und der Verabschiedung des National Security Acts einer Restigmatisierung ausgesetzt, da deutsche und österreichische Geflüchtete nunmehr als „enemy aliens” kategorisiert, partiell interniert und demnach mit Staaten assoziiert wurden, vor deren Verfolgung sie ursprünglich flohen.[20] Mit einer rassistisch motivierten Ausgrenzung und antisemitischen Ablehnung sahen sich viele Geflüchtete jedoch auch vor September 1939 konfrontiert.[21] Da sich die australische Mehrheitsgesellschaft als genuin britisch und als „Hochburg der Weißheit (Whiteness) im Pazifik”[22] begriff, standen die ankommenden Geflüchteten unter einem hohen Assimilationsdruck.[23] „Whiteness” darf dabei nicht als sichtbares, phänotypisches Merkmal verstanden werden, sondern muss in Anlehnung an Ruth Frankenberg begriffen werden als sozial konstruierte, relationale Kategorie, eingebettet in eine rassifizierende Dominanzstruktur.[24] Diese „Whiteness” wurde innerhalb der australischen Gesellschaft mit Britishness gleichgesetzt, sodass nicht-britische Migrant:innen und besonders als jüdisch klassifizierte Geflüchtete trotz europäischer Herkunft als racialized other stigmatisiert wurden.[25] Für ankommende Geflüchtete und Migrant:innen stand also wie bei marginalisierten Gemeinschaften die umfassende Adaption an die weiße Mehrheitsgesellschaft im Zentrum. Die vollkommene Akkulturation und Loyalität gegenüber der neuen Heimat wurden für eine gesellschaftliche Integration vorausgesetzt.
III. Die androzentrischer Rezeption geflüchteter Deutschsprachiger
Um zu analysieren, inwiefern diese gesellschaftlichen Wahrnehmungen die Rezeption weiblicher Geflüchteter in der australischen Presse prägten, soll im Folgenden eine androzentrische Rezeption[26] als Kontrastfolie vorgestellt werden. Dazu sollen die von Michael Blakeney und die im Sammelband „Die Flüchtlingskrise der 1930er Jahre in australischen Tageszeitungen” herausgearbeiteten Kernnarrative einer negativen sowie positiven Rezeption deutschsprachiger Geflüchteter vorgestellt werden.
Zunächst kann konstatiert werden, dass sowohl (rechts-)konservative als auch gemäßigte Tages- und Wochenzeitungen lange durch eine migrationskritische Grundhaltung geprägt waren. Während vor 1938 noch ein verschärfter medialer Ton prävalierte, veränderte sich indes die Rezeption innerhalb der australischen Presse nach den Novemberpogrome 1938.[27]Durch die Brutalität der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik dominierte in vielen Tageszeitungen bis Kriegsausbruch eine migrationsfreundliche Haltung, während andere Zeitungen durch die sich intensivierende Flüchtlingsbewegung 1939 wieder migrationsskeptische und spätestens 1940 xenophobe Haltungen einnahmen.[28]
Besonders die migrationskritischen Berichterstattungen wurden durch das in Kapitel II beschriebene Paradigma einer homogenen australischen Gesellschaft geprägt. Während fehlende Englischkenntnisse und daraus resultierende sprachliche Barrieren in vielen Zeitungen unpolemisch problematisiert wurden, betonten rechtskonservative Zeitungen wie The Age oder Truth, dass die Ankommenden nicht in die australische Kultur passen würden. Neben Aussehen und Lebensweise seien auch die divergenten Ethikstandards ein Problem.[29] Mithin wurde eine Assimilationsfähigkeit in rechten Medien ausgeblendet.
Ferner dominierte in den (rechts-)konservativen Medien eine ablehnende Haltung gegenüber „Nicht-Weißen”. Diese rassistische Rezeption wurde maßgeblich geprägt durch den in Kapitel II beschriebenen verschärften Antisemitismus, den britischen Nationalismus und das Paradigma, eine weiße Gesellschaft zu erhalten.[30] Sowohl die linke als auch die rechte Presse reproduzierten antisemitische Narrative und unterstellten den Ankommenden entweder eine zu große ökonomische Macht oder eine fehlende Loyalität gegenüber der australischen Gesellschaft.[31] Überdies wurde in rechtskonservativen Zeitungen eine Verbindung zwischen dem Kommunismus und dem (vermeintlichen) Judentum der ankommenden Geflüchteten hergestellt. Mitunter wurden gar Argumentationslinien und Rhetorik der Nationalsozialist:innen unkritisch übernommen.[32]
An diese xenophobe Rezeption knüpfte die Kritik konservativer Medien an die Einbindung Geflüchteter in den Arbeitsmarkt an. So verbreiteten Zeitungen das Narrativ, die Ankommenden würden australischen Männern Arbeitsplätze streitig machen oder einheimische Konkurrenten durch unfaire Methoden aus dem industriellen Wettbewerb ausschließen.[33] Besonders anhand der Frage einer Einbindung ausländischer Ärzte entbrannte eine mediale Debatte über die Bedrohung einheimischer Jobs.[34] Gegen einzelne staatliche Maßnahmen zur Integration ausländischer Fachkräfte wurde nicht nur durch die Autor:innenschaft von The Age, Truth oder dem Westaustralian Worker protestiert, sondern auch durch in den Zeitungen abgedruckten Leser:innenbriefe.[35]
Der pro-migrantische Diskurs nach 1938 zeichnete sich demgegenüber durch einen Appell zur humanitären Hilfeleistung aus. Gleichwohl schlossen diese emotionalisierenden Argumente für eine migrationsfreundliche Politik wirtschaftlich-rationalistische Erwägungen nicht aus. So wurde das Narrativ einer moralischen Verpflichtung gegenüber den Schutzsuchenden mit der Nützlichkeit ihres kulturellen Kapitals und ihrer Arbeitskraft verknüpft. Besonders erfahrene Kaufleute oder Handwerker wurden im Rahmen dieser utilitaristischen Argumentationslinie als willkommene Einwandernde definiert.[36] Dass die Schutzsuchenden den einheimischen Australier:innen ihre Arbeitsplätze streitig machen könnten, wurde in vielen migrationsfreundlichen Berichterstattungen zurückgewiesen.[37]
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine androzentrische Rezeption deutschsprachiger Geflüchteter durchaus auf moralische Obligationen zur Hilfeleistung sowie den kulturellen und wirtschaftlichen Gewinn abhob, der die Aufnahme von Geflüchteten implizierte. Zeitgleich wurde jedoch durch (rechts-)konservative Medien – besonders vor den Novemberpogromen 1938 und durch die Fluchtbewegungen 1938/39 – die nationale und individuelle Gefahr durch ankommende Geflüchtete betont. Die Rezeption der australischen Migrationspolitik war demnach stark mit wirtschaftlichen Überlegungen verknüpft und stützte sich auf die Prämisse, dass durch Geflüchtete kein zusätzlicher wirtschaftlicher Druck für die einheimische Bevölkerung entstehen sollte. Eine xenophobe und antisemitische Berichterstattung rekurrierte auf diese Arbeitsmarktkonkurrenz und lenkte den Blick auf den Erhalt einer britisch-homogenen, australischen Gesellschaft. Inwiefern diese Narrative auch die Rezeption weiblicher Geflüchteter prägten, gilt es im Folgenden zu untersuchen.
IV. Die mediale Rezeption geflüchteter Frauen
Um die Berichterstattung über geflüchtete Frauen in australischen (Tages-)Zeitungen zu analysieren, sollen im Folgenden Zeitungsartikel der Jahre 1938/39 qualitativ analysiert werden. Anhand einer vorausgegangenen induktiven Entwicklung der in den Zeitungen prävalenten Themenfelder domestic work, Ehe und soziale Netzwerke sollen exemplarische Artikel auf ihre Narrativität hin untersucht werden. Dabei soll überprüft werden, wie die australische Zeitungslandschaft[38]geflüchtete Frauen mit Blick auf die quantitativ vorherrschenden Themenschwerpunkte rezipierte und welche Relevanz die Kategorie gender für die Akkulturation in der neuen Gesellschaft hatte. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, wie gender diskursiv konstruiert wurde und inwiefern gender, race und class in Assimilationsprozessen als miteinander verschränkte Kategorien zu bewerten sind.
Hierbei soll besonders auf die Untersuchungen Jill Matthews‘ rekurriert werden. Bereits 1978 erörterte sie, inwiefern der Haushalt und die Familie für Migrantinnen die einzigen imaginierten Orte waren und somit ausländische Frauen durch das Immigration Department in die australische gender order[39] integriert wurden.[40] Unter Berücksichtigung der von Matthews 1984 in „Good and Mad Women” weiter ausdifferenzierten australischen gender order des 20. Jahrhunderts, die sich auch innerhalb der rhetorischen Einbettung von Frauen in traditionelle Sphären ausbilde, soll die Bedeutung vongender in der medialen Rezeption in den Blick genommen werden. Dabei sollen Matthews’ Ergebnisse nicht nur als Orientierungspunkt, sondern auch als Reibungsfläche dienen: Während Matthews Handlungsspielräume für Frauen besonders anhand der „contradictions between rhetoric and practice”[41] markiert, soll im Folgenden die agency geflüchteter Frauen gerade innerhalb der gender order ausgemacht werden.
IV.1. Domestic work
Der Großteil der Zeitungsartikel, die sich mit weiblichen Geflüchteten auseinandersetzen, thematisiert die Einbindung von geflüchteten Frauen in den nationalen oder lokalen Arbeitsmarkt. Mit Blick auf die in Kapitel III vorgestellten Kernnarrative, die eine androzentrische Berichterstattung über deutschsprachige Geflüchtete prägten, scheint die quantitativ dominante Thematisierung der Beschäftigung von Frauen nicht überraschend. Wie sich zeigen wird, folgt die Rezeption der Arbeitsleistung geflüchteter Frauen jedoch einem diametral entgegengesetzten Paradigma.
Zunächst muss festgestellt werden, dass geflüchtete Frauen überwiegend Beschäftigung im Bereich des domestic service fanden.[42] Bereits im 19. Jahrhundert wurden vor allem britische Frauen angeworben, um als domestic servants in den australischen Arbeitsmarkt eingebunden zu werden oder in Anbetracht des Männerüberschusses als Gebärende die Reproduktion der britischen Bevölkerung sicherzustellen. Bis in die Zwischenkriegsjahre persistierte eine Praxis der gezielten Rekrutierung hausarbeitserfahrener Britinnen, um Mittelschichtsfrauen zu unterstützen oder als Co-Siedlerinnen ländliche Gebiete zu erschließen.[43]

Da die Migrationszahlen britischer Frauen trotz eines hohen Bedarfs an domestic servants Ende der 1930er Jahre sanken, scheint es nicht verwunderlich, dass sich die australische Presse ausführlich mit dem Arbeitspotenzial weiblicher Geflüchteter beschäftigte.[44] So schildern die untersuchten Zeitungsartikel die Anstellung von Frauen in privaten Haushalten, ihre Adaption an die neue Umgebung und die Fähigkeiten, die sie aus ihrem Heimatland mitbrachten. Besonders oft wird hierbei der individuelle sowie gesellschaftliche Nutzen ausländischer Frauen betont. Eine Meldung der migrationsfreundlichen Manjimup and Warren Times vom 6. September 1939 betont exemplarisch die hohe Qualifikation und Anpassungsfähigkeit von fünf jungen Frauen, die in Deutschland verfolgt wurden und nun in der Hausarbeit tätig sind. Der Artikel schließt mit dem Kommentar eines secretary der Church of England: „I feel they will be an acquisition to Australia. What is Europe’s loss will be Australia’s gain”[45]. Auch andere Artikel akzentuieren die herausragende Anpassungsleistung geflüchteter Frauen und den Beitrag, den sie auf dem Arbeitsmarkt leisten können. So schrieb die Maryborough Chronicle am 24. August 1939:
„[T]hey have shown remarkable aptitude in picking up a good working knowledge of the language within a few weeks. Some people who were chary about employing foreign girls and passed them by are now lamenting their lack of foresight as they hear their more fortunate friends lavishing praise upon their new maids and cooks.”[46]
Hier wird außerdem deutlich, welche Bedeutung Sprachkenntnisse für die Bewertung der geflüchteten Frauen hatten. Besonders die schnelle Lernfähigkeit oder bereits im Heimatland angeeignete Sprachen werden in zahlreichen Artikeln und Berichten hervorgehoben.[47] Durch die Betonung der schnell erworbenen Englischkenntnisse und der Bereitschaft, die Landessprache im öffentlichen Raum zu sprechen, wird nicht nur eine Anpassungsfähigkeit, sondern auch eine Anpassungsbereitschaft unterstellt.[48] Ähnliches zeigt sich in einem langen Bericht über Frauen, die nach ihrer Flucht begonnen haben, auf Farmen zu arbeiten. Eine interviewte Frau gibt im Sydney Morning Herald an:
„I do not think I could look Viennese food in the face now. Recently my husband and I were honoured guests in Sydney at the flat of some friends who had fled from Austria after we did. They thought to please us by preparing a typical Viennese meal. But I could not eat it. I had become accustomed to the simple dishes of the average Australian.”[49]
Die australische Kultur werde, so suggeriert das Interview, also nicht nur in der Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz durch die symbolische Nutzung der englischen Sprache adaptiert. Auch in privaten Bereichen, wie der heimischen Küche, wird die Ursprungskultur durch eine genügsame australische working men‘s culture ersetzt.[50] Auch wenn die untersuchten Artikel Zeitungen entstammen, die 1938/39 gemäßigt oder liberal auftraten, ist das Ausmaß der positiven Rezeption der Anpassungsleistung geflüchteter Frauen im Gegensatz zur androzentrischen Rezeption augenfällig. Bemerkenswert ist überdies, dass die kulturellen Begegnungen der Ankommenden und die Formation neuer Identitäten im Koordinatensystem einer Assimilationstheorie imaginiert werden. In der medialen Rezeption weiblicher Geflüchteter spiegelt sich ausschließlich die Erwartung einer umfassenden Anpassung an die neue Heimat. Identitätsbezogene Hybriditäten und fluide kulturelle Identifikationen, die, wie Philipp Strobl deutlich macht, realiteres Ergebnis der Akkulturation waren, werden ausgeblendet.[51]
Dass das Narrativ anpassungsfähiger und vor allem -bereiter geflüchteter Frauen in fast allen untersuchten Zeitungsartikeln im Vordergrund steht, korrespondiert mit der Beobachtung, dass eine ausführliche Debatte über race und nationality der in den Arbeitsmarkt integrierten Frauen nicht stattfindet. Einige der Zeitungsartikel scheinen durch die Betonung der Sprachfähigkeiten der Geflüchteten und durch Zitate, die ihre Arbeits- und Anpassungsbereitschaft hervorheben, antizipierte feindliche Argumentationsmuster zu entkräften. Anstatt die Geflüchteten als rassifizierte Konkurrenz auf einem umkämpften Terrain zu bewerten, werden die Frauen in und durch die mediale Rezeption integriert.
Diese Akzeptanz und Integration geflüchteter Frauen knüpfen, wie anhand der Betonung ihrer Nützlichkeit deutlich wird, an ein wirtschaftliches Kalkül an. Im Gegensatz zum als überfüllt imaginierten maskulinen Arbeitsmarkt prädominierte schon seit den frühen 1930er Jahren eine mediale Diskussion über den Bedarf an domestic servants und die Möglichkeit, britische Frauen nach Australien migrieren zu lassen. Zudem prägte ein maskulines Monopol die Interpretation von (Haushalts-)Arbeit und Wirtschaft.[52] Die unbezahlte oder bezahlte Arbeit in der häuslichen Sphäre wurde nicht als gleichrangige Leistung anerkannt, sodass die Beschäftigung geflüchteter Frauen im domestic service nicht als Konkurrenz für die „echten” Arbeitsplätze bewertet wurde.[53] Darüber hinaus wird in den untersuchten Zeitungsartikeln sogar die Angst vor einer Arbeitsmarktkonkurrenz vorweggenommen. Im bereits zitierten Artikel des Maryborough Chronicle wird betont, die Frauen seien glücklich, als domestic servants zu arbeiten, „as long as there is a shortage of first class Australian girls.“[54] Auch hier wird also antizipierter Kritik an einer vermeintlichen Verdrängung australischer Frauen aus der Lohnarbeit begegnet.
Nur vereinzelt beschäftigen sich Artikel explizit mit der Arbeitsmarktkonkurrenz von Frauen.[55] Eine Nachricht, die in The Sun am 28. Juli 1939, einen Tag später im Newcastle Morning Herald and Miners’ Advocate und am 3. August in The Daily Mercury veröffentlicht wurde, greift die Behauptung der Domestic Employees‘ Union auf, geflüchtete Frauen würden heimische Frauen durch die Akzeptanz niedriger Löhne aus ihren Jobs drängen.[56] Auch wenn die Zeitungsartikel neutral berichten und die Behauptung nicht weiter kommentieren, wurde im Singleton Argus am 14. August ein Leserbrief veröffentlicht, der davor warnt, dass die Prinzipien des Zusammenlebens und der Lebensstandard von Australier:innen durch derartige Praktiken gefährdet würden.[57] An diesem Leserbrief ist bemerkenswert, dass sich der/die Verfasser:in zwar gegen die Übervorteilung von britischen Australier:innen wehrt, sich jedoch nicht prinzipiell gegen Migration ausspricht und am Ende lediglich „FAIR PLAY“[58] gefordert wird. Selbst die migrationskritischen Stimmen scheinen also mit Blick auf geflüchtete Frauen keinen derart scharfen Ton anzuschlagen, wie es bei einer androzentrischen Wahrnehmung der Fall ist.[59]

Bis auf den Leserbrief konnte einzig eine weitere Nachricht, die am 4./6. März 1939 in The Sydney Morning Herald/The Mercury veröffentlicht wurde, als negative Rezeption von geflüchteten Frauen auf dem Arbeitsmarkt identifiziert werden. Hierin wird ein Viehzüchter zitiert, der zwei jüdischen Frauen aus Deutschland Anstellungen als domestic workerzusicherte. Die Frauen haben jedoch nach ihrer Ankunft die Arbeit im Druckereiunternehmen eines jüdischen Geflüchteten aufgenommen.[60] Der Artikel des Sydney Morning Herald mit der Überschrift „Undertakings not honoured“ schließt mit der Behauptung: „A city employment agent said that refugee women consistently refused domestic work, and demanded only superior or professional work.“[61] Diese vereinzelte Kritik, geflüchtete Frauen seien nicht mit Haushaltsarbeit zufrieden, knüpft an ein weiteres Narrativ an, das neben dem utilitaristischen Nutzen und der Anpassungsfähigkeit geflüchteter Frauen in nahezu jedem Artikel hervorgehoben wird: ihre professionelle Erfahrung und (universitäre) Bildung.
Durch die hohen Fluchtkosten, die Notwendigkeit sozialer Netzwerke und das erforderliche landing money war es besonders die bildungsbürgerliche Mittel- und Oberschicht, die aus Deutschland und Österreich nach Australien floh.[62]Neben sozialem und ökonomischem Kapital zeichneten sich die Geflüchteten durch ihr kulturelles Kapital aus, das lokale Gemeinschaften, den Arbeitsmarkt und Kulturinstitutionen nachhaltig prägen sollte.[63] Obgleich Konrad Kwiet feststellt, dass nahezu alle Geflüchteten ihren Status wiedererlangen konnten, sahen sich Ärzte, Anwälte, Künstler oder Unternehmer zunächst mit einem maßgeblichen sozialen Abstieg konfrontiert, aber auch künstlerisch, professionell oder akademisch beschäftigte Frauen erlebten einen beträchtlichen Statusverlust.[64]
Die nach Australien geflüchteten deutschsprachigen Frauen waren ebenso wie (ihre) Männer überwiegend Teil der Mittel- und Oberschicht. Diese Zugehörigkeit der geflüchteten Frauen zu einer bildungsbürgerlichen Elite wird auch in zahlreichen Artikeln deutlich, die Universitätsabschlüsse, die Beherrschung von Fremdsprachen, ihre professionelle Erfahrung und die kulturelle Distinguiertheit hervorheben, die die Frauen mitbrachten.[65] Anknüpfend daran schrieb die News am 16. November 1938, dass österreichische und deutsche graduierte Frauen durch die University Women Graduates‘ Association nach Australien gebracht werden sollen, um Hausarbeit zu verrichten. Unter den Bewerberinnen seien „a doctor of philosophy, a young lawyer who speaks four languages, and trained teachers“[66]. Der Artikel betont nicht nur, wie bereits oben ausgeführt, dass die ausländischen den einheimischen Frauen keine Arbeitsplätze streitig machen, sondern hebt auch die Qualifikationen hervor, die einige der Frauen trotz ihrer Universitätsabschlüsse in Haushaltsarbeit und Kindererziehung innehaben. Besonders die Bereitschaft, trotz der professionellen Qualifikationen in der Hausarbeit arbeiten zu wollen, scheint in den untersuchten Zeitungen zentral zu sein. Die Manjimup and Warren Times schreibt über eine Linguistin, die sechs Sprachen und perfektes Englisch beherrsche: „[S]he would not mind this, for in Germany she had done domestic work in the morning while studying in the afternoon.”[67]
Während also die Hochschulbildung der geflüchteten Frauen ein wiederkehrendes Thema in den Zeitungsartikeln darstellt, wird diese nicht zwingend als Qualifikation für den allgemeinen Arbeitsmarkt begriffen. Stattdessen werden Englischkenntnisse oder Kenntnisse im Umgang mit Kindern sowie Erfahrungen im domestic work hervorgehoben, um die Einbindungsmöglichkeiten der Frauen in den häuslichen Arbeitsmarkt zu markieren.[68] The Advertiser veröffentlichte am 2. November 1938 einen Artikel, in dem gerade die kulturellen Qualitäten der graduierten Frauen als Nachteil für den Arbeitsmarkt bezeichnet werden, da „those trained in domestic work are the most acceptable as immigrants.“[69] Während sich mit Blick auf das kulturelle Kapital der Frauen zwar eine generelle Würdigung in der medialen Rezeption der Frauen abzeichnet, ist in den Artikeln eine Anerkennung der Fähigkeiten, die die Frauen trotzdem als domestic servants qualifizieren und legitimieren, elementar. Der soziale Abstieg der Frauen wird in keinem Fall kritisch kommentiert. Auch wenn die diametralen Beschäftigungsbereiche durchaus mit spöttischem Unterton wahrgenommen werden (so zum Beispiel durch Überschriften wie „Who wants Doctor of Philosophy as Servant?“[70]), findet weder eine Auseinandersetzung mit der Bereicherung des Arbeits- und Gemeinschaftslebens durch den Gewinn an gebildeten Frauen mit kulturellem Kapital statt, noch wird die spezifische Situation der Frauen und ihr individueller Statusverlust thematisiert.[71] Dass dieser Statusverlust marginalisiert wird und gerade solche Interviews zitiert werden, in denen Frauen ihren Zuspruch gegenüber der neuen Beschäftigung sowie der kulturellen Assimilation bekräftigen, steht im starken Kontrast zu der erlebten Erfahrung, die viele Geflüchtete in Oral History-Interviews teilen. So berichten als domestic servants beschäftigt gewesene Frauen nicht nur von den Schwierigkeiten, die mit dem Statusverlust oder Sprachbarrieren einhergingen, sondern auch von radikaler Ausbeutung und Hunger.[72] Hieraus kann geschlussfolgert werden, dass die Tageszeitungen nicht nur die institutionellen Probleme ignorierten, die aus fehlendem Arbeitsschutz oder Sprachproblemen resultieren, sondern auch die spezifischen Erfahrungen (weiblicher) Geflüchteter umdeuteten und in ein der Beschäftigung von Geflüchteten im domestic work zum Vorteil gereichendes, integratives Narrativ zwangen.
Hieran anknüpfend kann festgestellt werden, dass neben dem Statusverlust auch die berufliche Zukunft der Geflüchteten nicht thematisiert wird. Einzig der Artikel der Maryborough Chronicle vom 24. August 1939 behauptet: „They will, not of course, remain in service, and as soon as their knowledge of English suffices, will seek more profitable work.”[73] Die anderen Artikel beschäftigen sich ausschließlich mit der Assimilation der Frauen und scheinen so potenzielle Konkurrenzen zwischen heimischen und geflüchteten Frauen ausschließen zu wollen. Ungeachtet der Tatsache, dass domestic work normalerweise nur eine temporäre Beschäftigung, besonders von jungen Frauen der Arbeiterklasse, war, wird der Eindruck vermittelt, die ankommenden Frauen würden weder einen Beschäftigungswechsel noch einen sozialen Aufstieg anstreben.[74] Das Bild einer gegenwärtigen Zufriedenheit und eines wechselseitigen Gewinns der Frauen, ihrer Arbeitgeber:innen sowie der australischen Gesellschaft bleibt unangetastet.
In Anlehnung an Jill Matthews‘ Überlegungen zu weiblicher Migration kann mit Blick auf das Themenfeld domestic workzusammenfassend festgestellt werden, dass geflüchtete Frauen im Koordinatensystem der australischen gender order zu „guten“, d. i. assimilierten, Frauen transformiert werden sollten. Die Anpassung von Frauen muss unter intersektionalen Gesichtspunkten betrachtet werden und hing stark von der bereitwilligen Akzeptanz eines traditionell-weiblichen Lebensentwurfs ab. Eine ähnliche These stellt auch Rachel Harris in ihrer Untersuchung über die Erfahrungen deutscher und italienischer Frauen im Australien des Zweiten Weltkriegs auf. Harris stellt fest, dass die Bewertung von geflüchteten Frauen und ihre Integration in die australische Gesellschaft vor allem von der Akzeptanz moralisch-femininer Charakteristika abhing. Darunter fasst sie exemplarisch die Pflichterfüllungen im Haushalt, Mütterlichkeit und sexuelle Anständigkeit.[75] Gleichzeitig muss Harris‘ intersektionale Konvergenz von vergeschlechtlichter Erwartung und nationaler Integration um die Kategorie der Klasse erweitert werden. Die Einbindung von Frauen in domestic work und die Betonung der Bereitschaft akademisierter Frauen, als Haushälterinnen tätig zu sein, reflektiert die Anforderung, sich in das australische working men’s paradise zu integrieren und sich von einem vergangenen privilegierten Status zu verabschieden.
Die mediale Rezeption geflüchteter Frauen bestätigte und reproduzierte also nicht nur durch die unkritische Einbettung von Frauen in die Sphäre der Haushaltsarbeit traditionelle Geschlechterarrangements, sondern verknüpfte die geschlechtsspezifische Arbeit zeitgleich mit einer klassenbezogene Neuorientierung und einer erwünschten Assimiliationsfähigkeit an die britisch-englischsprachige Mehrheitsgesellschaft. Diese Assimilation muss unter intersektionalen Gesichtspunkten verstanden werden und zielte, wie sich anhand des domestic work zeigt, auf race, class und gender. Um als integrierbare Subjekte definiert zu werden, mussten Frauen Beschäftigung in der als weiblich klassifizierten beruflichen Sphäre des domestic work finden und damit zeitgleich einen sozialen Abstieg tolerieren. Obgleich dieser Statusverlust und die akzeptierten Beschäftigungsfelder durch die Erwartungshaltung der australischen Gesellschaft determiniert waren und die Frauen demnach einer restriktiven Machtformation unterlagen, kann indessen gerade die Haushaltsarbeit als Handlungsraum verstanden werden, in dem Frauen eine Zugehörigkeit zur australischen Gesellschaft unter Beweis stellen konnten. Der ungedeckte Bedarf an domestic servants und die Bereitwilligkeit, geflüchtete Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, eröffneten den Frauen die Möglichkeit, die eingeforderte Loyalität und nationale Zugehörigkeit unter Beweis zu stellen. Damit konnte also gerade in diesem hegemonialen Arrangement potenziell agency ausgeübt werden.
IV.2. Ehe
Während die Rezeption der geflüchteten Frauen in Bezug auf ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt – vor allem im Kontrast zu einer androzentrischen Perspektive – überwiegend positiv ausfiel, wurden die Eheschließungsversuche geflüchteter Frauen scharf kritisiert. Im Folgenden soll sich dieser Rezeption von geflüchteten Frauen als potenzielle Ehepartnerinnen britischer Männer in der australischen Presse genähert werden. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass die untersuchten Artikel ausschließlich die Situation des Heiratsmarktes in Europa adressieren. Eine Transferleistung oder ausdrückliche Kritik der Situation in Australien bleibt aus. Dennoch scheint es lohnend, auch die Rezeption ausländischer Konflikte in den Blick zu nehmen. Da die Verfasser:innen der Artikel und ihre Themenselektion konkrete Intentionen verfolgten, spielen die medialen Reproduktionen vermeintlicher oder tatsächlicher europäischer Problemsituationen durchaus eine Rolle. Dass das Thema Ehe mit der vermehrten Ankunft geflüchteter Deutschsprachiger 1939 zur Diskussion gestellt wurde, lässt also darauf schließen, dass es auch mit Blick auf Australien als relevant bewertet wurde und die Thematisierung die Stimmungslage der Lesenden beeinflussen konnte.
Besonders der Daily Mercury und The Evening News beschäftigten sich okkasionell mit geflüchteten Frauen und dem europäischen Heiratsmarkt. The Evening News berichtete am 28. März 1939 über fünf Wienerinnen, die in einer englischen Regionalzeitung nach britischen Ehemännern suchten, sowie über die Kritik britischer Frauen an ihrem Inserat.[76] („Some suggest that there are not enough British husbands to go round, anyway, and they do not see why five foreigners should have privileges in the marriage market.“[77]) Besonders der im Artikel zitierte Einwand, „[h]usbands are as scarce for women as jobs are for men”[78], scheint eminent: Während die Eingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt durch ihre Obligation zur Hausarbeit keine breite Kritik hervorruft, scheint die Inanspruchnahme des Heiratsmarktes durch geflüchtete Frauen in Großbritannien als Bedrohung wahrgenommen worden zu sein. Diese Bedrohungslage wird durch die umfassende Zitation der Einwände von Frauen in der australischen Presse reproduziert. Dadurch wird der Heiratsmarkt als geschlechtsspezifisches, durch Geflüchtete bedrohtes Äquivalent zum männlichen Arbeitsmarkt stilisiert.
Diese wahrgenommene Bedrohung fußt wiederum auf nationalistisch-rassistischen Kriterien. So wird im Artikel die Forderung einer britischen Frau angeführt, „[l]et us have British jobs for British men, British husbands for British girls, and British-born mothers for British babies.”[79] Geflüchtete Frauen werden also nicht nur als Konkurrenz auf dem Partnermarkt wahrgenommen, sondern durch ihr reproduktives Potenzial auch als Bedrohung für die „ethnische Reinheit“ und den „nationalen Körper“. Während staatliche Bemühungen in den Zwischenkriegsjahren darauf abzielten, britische Migrantinnen wegen ihrer reproduktiven Fähigkeiten anzuwerben, wird diese Politik mit Blick auf geflüchtete „nicht-weiße” Frauen medial kritisiert.[80] Obgleich die Reproduktion der australischen Gesellschaft nicht konkret adressiert wird, könnten innerhalb der untersuchten Zeitungsartikel auch mit Blick auf Australien potenzielle Ängste vor den rassifizierten Anderen evoziert worden sein.
Zum nationalen Problem würden geflüchtete Frauen gemäß der untersuchten Zeitungsartikel auch durch ihre vermeintliche Spionagetätigkeit. Am 23. Juni 1939 veröffentlichte der Daily Mercury einen Artikel, in welchem behauptet wurde, jüdische Frauen würden Deutschland mit ihrem Vermögen verlassen dürfen „if they […] [m]arry a French or British husband and obey faithfully the orders that will be sent to [them]”[81]. Auch wenn dieser Artikel erneut ausschließlich auf die Situation in Westeuropa Bezug nimmt, trägt er potenziell zu einer Atmosphäre der Angst um die nationale Sicherheit durch „Eindringlinge“ bei und greift bereits die ab Kriegsbeginn aufkommenden Debatten über die fünfte Kolonne[82] und die nationale Unterwanderung durch „enemy aliens“ voraus.[83]
Neben der Bedrohung der rassischen Reinheit und der nationalen Sicherheit wird schließlich auch eine moralische Gefährdung durch geflüchtete Frauen unterstellt. So berichten der Daily Mercury und der Advocate über britische Männer, die geflüchtete Frauen heirateten, obwohl sie bereits Frauen und Kinder haben. Heiratsagenturen vermitteln deutsche jüdische Frauen gemäß der Berichterstattung an britische Männer, die für die Scheinehe finanziell entlohnt würden, während geflüchtete Frauen im Gegenzug eine britische Staatsangehörigkeit erlangen. Die Artikel betonen die Rechtswidrigkeit dieser Praxis und heben hervor, dass die Männer wegen Bigamie angeklagt worden seien.[84] Obwohl die geflüchteten Frauen nicht explizit illegaler Praktiken beschuldigt werden, zielt die Berichterstattung der australischen Presse auf die Kriminalität und moralische Fragwürdigkeit der Praktiken zum Erwerb einer britischen Staatsbürgerschaft ab. Die Zeitungen konnten so potenziell Angst um ein sittliches Gemeinwesen geschürt und nicht ausdrücklich, aber latent, geflüchtete Frauen für Demoralisierungsprozesse verantwortlich gemacht haben.
Einzig The Evening News charakterisiert die geflüchteten Frauen explizit als unschuldig. Am 8. April 1939 veröffentlicht die Zeitung einen Artikel, in welchem sie schildert, dass sich die Ehemänner einverständlich erklären sollten, sich den Frauen nach der Scheinhochzeit nicht anzunähern, dass diese Abmachung in vielen Fällen jedoch nicht eingehalten wurde. So soll eine österreichische Jüdin von ihrem britischen „Ehemann” erpresst worden sein.[85] Die Evening News markiert die geflüchteten Frauen als Opfer korrupter Heiratsagenturen sowie ihrer Umstände, indem sie feststellt,
„[a]mong the women who have made use of these ‘ready-made’ husbands to get into France or Britain, are members of the Austrian nobility who had fallen foul of the new regime. The majority of them would have been allowed to remain in France or Britain without question, because they had irreproachable characters and sufficient means to maintain themselves. It was purely through panic that they had recourse to Ury and his organisation.”[86]
Durch Schlagzeilen wie „Blackmailed Refugees”[87] oder „Exploitation of Refugees”[88] werden in der Evening Newsalso nicht die geflüchteten Frauen für eine vermeintliche Demoralisierung verantwortlich gemacht, sondern die Männer, die die Not der Frauen für kapitalorientierte Zwecke missbrauchen.
Zusammenfassend wird in der australischen Zeitungslandschaft also eine vermeintliche dreifache europäische Bedrohungslage durch die Einmischung geflüchteter Frauen in den Heiratsmarkt heraufbeschworen: Die Rasse werde durch die Konkurrenz ausländischer Frauen auf dem Heiratsmarkt, die Nation durch ihre vermeintliche Spionagetätigkeit und die Sittlichkeit durch die illegale Praxis der an den Heiratsvermittlungen beteiligten Parteien bedroht. Durch die Adressierung dieser Problemlage in australischen (Tages-)Zeitungen könnten schließlich Ängste vor einer ähnlichen Gefährdung der australischen Gesellschaft geschürt worden sein. Dass der Heiratsmarkt als weibliches Äquivalent zum männlich konnotierten Arbeitsmarkt charakterisiert wird, kann auf die unterschiedliche Bedeutung von Ehe und Arbeit für Männer und Frauen zurückgeführt werden. Während Männer sich durch ihre Nützlichkeit als professionelle Arbeitskräfte als Staatsbürger qualifizieren könnten, können geflüchtete Frauen durch die Ehe mit britischen Männern eine britische Staatsangehörigkeit erlangen. Während also die Einbindung von geflüchteten Männern in den Arbeitsmarkt als rassische Bedrohung wahrgenommen wird, ist die Ehe geflüchteter Frauen durch das Nationalitätenrecht sowie durch ihre reproduktiven Fähigkeiten eine Bedrohung der australischen „Whiteness”.

Dabei knüpft der Diskurs um Ehe auf zweierlei Weise an die von Jill Matthews beschriebene gender order an. Einerseits endete die erwünschte Assimilation von nicht-britischen Frauen dort, wo sie transgressiv dieselben Rechte beanspruchen, die britischen Frauen zuerkannt wurden, sodass die gender order mit einer race order konvergierte. Andererseits zeugt die quantitativ vorherrschende mediale Rezeption des Themas Ehe im Zusammenhang mit weiblichen Geflüchteten gleichzeitig davon, dass die Ehe als konstitutiv für weibliche Geflüchtete imaginiert wurde und sie gerade hier einer gesellschaftlichen sowie medialen Bewertung ausgesetzt waren. Frauen wurden zwar in dem spezifisch weiblichen Bezugsrahmen der Ehe als Bedrohung dargestellt, jedoch nicht etwa, da sie Ehen eingingen, sondern, da sie keine angemessenen Ehen eingingen. Eine gender order, die Frauen in traditionelle weibliche Sphären drängte, blieb also auch hier unangetastet. Ebenso wie im Fall des domestic works dürfen Frauen indessen nicht allein als Opfer einer repressiven gender order verstanden werden. Wie bereits dargestellt, war es nämlich gerade die Ehe, die Frauen – im Gegensatz zu Männern – die Möglichkeit einer britischen Staatsbürgerschaft eröffnete. Erneut kann also festgestellt werden, dass Frauen gerade innerhalb der hegemonialen Geschlechterarrangements agency ausüben konnten.
IV.3. Soziale Netzwerke und Vereine
Neben den Themen Haushaltsarbeit und Ehe dominierte zuletzt die Thematisierung sozialer Netzwerke die australische Presselandschaft der ausgehenden 1930er Jahre. Soziale Netzwerke stellten nicht nur für weibliche Geflüchtete eine entscheidende Grundlage dar, um sich in einer neuen, mitunter feindlichen Umgebung zurechtzufinden. Aufgrund rechtlicher und wirtschaftlicher Einschränkungen sowie sozialer Vorbehalte waren viele Geflüchtete auf informelle und institutionalisierte Unterstützungsangebote angewiesen, die ihnen den Zugang zu Arbeit, Wohnraum und sozialer Integration erleichterten oder überhaupt erst ermöglichten.[89]
In der medialen Rezeption wird vor allem die Einbindung von Frauen durch die Women’s Graduates’ Association hervorgehoben.[90] So beschreibt ein Artikel mit der Überschrift „Plan to bring university refugees here” die Anstrengungen, die die Vereinsgruppe Adelaide unternimmt, um geflüchtete Universitätsabsolventinnen in den domestic service einzubinden.[91] Dabei bleibt der Statusverlust der Frauen, ebenso wie die Tatsache, dass gerade die Absolventinnenvereine graduierte Frauen in Haushaltsbeschäftigungen vermitteln wollen, ungewürdigt.[92]
Ebenso werden in den Jahren 1938/39 kaum Berichte publiziert, die die Integration von Frauen in das kulturelle Leben und den akademischen Diskurs der Graduierten- und Frauennetzwerke thematisieren. Obwohl geflüchtete Frauen, wie Gertrude Lange, kulturelles Kapital in bestehende Netzwerke einbrachten, Vorträge hielten und so zu einem Wissenstransfer beitrugen, schweigt die Presse über den individuellen Beitrag, den geflüchtete Frauen leisteten, oder die Kenntnisse, die sie in die Netzwerkarbeit einbrachten.[93] Stattdessen werden sie fast ausschließlich als passiv und hilfsbedürftig charakterisiert. Einzig ein Artikel, der sich mit der Arbeit der Federated Housewives’ Association of Australia auseinandersetzt, fokussiert den Gewinn, der aus der Integration von Geflüchteten in Frauennetzwerke resultiert. Demnach gewährte die Vorsitzende Eleanor Glencross neu angekommenen Frauen Ehrenmitgliedschaften, um die Geflüchteten in die australische Gemeinschaft zu integrieren und sie durch die Bereitstellung eines sozialen Auffangbeckens vor Einsamkeit zu bewahren. Gleichzeitig betont Glencross, der Verein brauche „the best intelligence that they can bring into the community.”[94] Hier wird also das Wissen sowie das kulturelle Kapital der Schutzsuchenden gewürdigt und ein wechselseitiger Austausch von Erfahrung befürwortet. Gleichwohl bleibt eine solche Darstellung die Ausnahme, sodass die Geflüchteten überwiegend als einzige Profiteurinnen der Netzwerkarbeit beschrieben werden. Nicht selten werden sie aufgrund ihres spezifischen Schutzstatus gar durch die gängige Formulierung „women and children” infantilisiert.[95]
Zuletzt thematisiert die australische Presse Freizeit- und Sportvereine, die ebenfalls Räume zur sozialen Vernetzung boten. So verzeichnete der Maccabean Girls’ Gymnasium Club 1939 einen großen Zuwachs an neuen Mitgliedern, insbesondere unter jungen geflüchteten Frauen. Ein Zeitungsartikel aus dem Australian Jewish Herald betonte, dass diese Frauen sich trotz anfänglicher Sprachbarrieren aktiv am Vereinsleben beteiligten.[96] Hier wird also – wie bereits in Kapitel IV.1 dargelegt – das Bild einer Assimilationsbereitschaft ankommender Frauen vermittelt, die Interesse demonstrieren, sich in (jüdisch-)australischen Gemeinschaften einzubringen. Auch der partiell voreingenommenen jüdischen Leserschaft wird also in der australischen Presse die Integrationsbereitschaft ankommender Frauen vermittelt.[97]
Aus diesen Darstellungen geht hervor, dass geflüchtete Frauen in der australischen Presse im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken vor allem als passive Hilfsbedürftige rezipiert wurden. Die Fähigkeiten, Leistungen und das individuelle Wissen, das Frauen mitbrachten, werden nicht thematisiert. Auch bleibt in den untersuchten Zeitungsartikeln unbeachtet, dass gerade Absolventinnenorganisationen durch die gezielte Vermittlung von Geflüchteten in die domestic work economyzu einem erheblichen Statusverlust von graduierter Frauen beitrugen. Wie bereits in Kapitel IV.1 deutlich wurde, steht stattdessen die diskursive Integration von Frauen im Zentrum, sodass ihre Anpassungsbereitschaft fokussiert wird, anstatt die potenzielle Konkurrenz zu adressieren, die sie darstellen. Die Frauen wurden so nicht nur realiter, sondern auch innerhalb der australischen Presse deklassiert, da die narrative Einpassung der Geflüchteten in die australische working class society die Ausblendung ihres kulturellen Kapitals einerseits und ihrer ursprünglichen Angehörigkeit einer bildungsbürgerlichen Oberschicht andererseits voraussetzte. Anhand der sozialen Netzwerke zeigt sich also erneut die Intersektionalität von Geschlecht und Klasse: Durch die essentialisierende Infantilisierung von Frauen als besonders schutz- und hilfsbedürftig wurde ihnen ihr kulturelles Kapital und dadurch auch ihr sozialer Status aberkannt. Auch hier zeigt sich erneut die diskursive Einbettung in die australische gender order und die machtproduktive Formation einer spezifischen Weiblichkeit anhand typisierender Eigenschaften. Gleichzeitig wurden durch diese Stereotypisierungen sogar in (rechts-)konservativen Medien Hilfsleistungen gegenüber geflüchteten Frauen unkritisch gewürdigt.[98]
Daran anknüpfend kann mit Bezug auf die sozialen Netzwerke konstatiert werden, dass das formal-restriktive Geschlechterarrangement individuelle Handlungsräume eröffnete. Gerade durch die Perspektivierung als hilfsbedürftig wurden Frauen durch ein breites konfessionelles und nicht-konfessionelles Netzwerk aufgefangen, das, wie im Fall der Women’s Graduate’s Association, durch formale Similaritäten bereit war, finanzielle, soziale und emotionale Unterstützungsarbeit zu leisten. Vor dem Hintergrund, dass sich die Integration für Geflüchtete selbst in bestehende Minderheitengemeinschaften schwierig gestaltete, war der durch „weibliche Solidarität” und geschlechtsbezogene Empathie vergrößerte Unterstützer:innenpool von eminentem Vorteil.[99]
IV. Fazit
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Rezeption männlicher und weiblicher deutschsprachiger Geflüchteter in australischen Tageszeitungen elementar unterschied. Während männliche Geflüchtete, die durch eine androzentrische Wahrnehmung in der Zeitungslandschaft fokussiert wurden, unter anderem mit Skepsis, Anfeindungen oder gar Rassismus begegnet wurden, hob die Berichterstattung über Frauen vor allem auf die Assimilationsbereitschaft der Geflüchteten ab.
Wie in Kapitel III deutlich wurde, wurde besonders der Arbeitsmarkt und die Konkurrenz durch ankommende Männer im Rahmen einer androzentrischen Rezeption Geflüchteter adressiert. Geflüchtete wurden von (rechts-)konservativen Zeitungen als Bedrohung und wirtschaftliche Belastung charakterisiert und ihre race zum Differenzkriterium stilisiert. Die „nicht-weißen” Geflüchteten seien demnach Eindringlinge, denen nicht dieselben Beschäftigungschancen zustünden wie den britisch-australischen Einheimischen. Diese xenophobe Ablehnung Geflüchteter lässt sich bei der Rezeption allein weiblicher Geflüchteter nicht feststellen. Stattdessen wurden neben dem Nutzen geflüchteter Frauen für die domestic work economy ihre hohe Anpassungsbereitschaft und Qualifizierung hervorgehoben. Dies kann einerseits, wie in Kapitel IV.1 dargestellt, auf den großen Bedarf an domestic servants zurückgeführt werden, der in der Zwischenkriegszeit nicht mehr allein durch britische Migrantinnen gedeckt werden konnte. Andererseits wurden geflüchtete Frauen in der männerzentrierten australischen Gesellschaft nicht als ernsthafte Bedrohung eines Arbeitsmarktes angesehen, der ausschließlich nicht-häusliche Tätigkeiten würdigte. Frauen, die vor allem als schutzbedürftig galten, wurden demnach nur in Ausnahmefällen als echte Gefahr für einheimische Arbeiterinnen wahrgenommen. Im Gegensatz zur artifiziellen Konstruktion eines Rassenkonfliktes, der durch die Gegenüberstellung einheimischer und ankommender Arbeitender im Falle der androzentrischen Berichterstattung geschürt wurde, bleibt eine derart xenophobe Haltung in der Rezeption von Frauen aus. Die Hervorhebung ihrer Sprachkenntnisse und ihrer Anpassungsleistungen überschattet die Thematisierung ihrer race.
Andererseits bleibt das kulturelle Kapital, das die ankommenden Frauen mitbrachten, durch das Beharren auf einer Beschäftigung in der häuslichen Sphäre ungewürdigt. Durch Interviewzitate und Berichte über die Zufriedenheit von Frauen im domestic work wird betont, dass Universitätsabsolventinnen nach ihrer Ankunft keine hochqualifizierten Beschäftigungen anstreben und der soziale Abstieg der Mittel- und Oberschichtsfrauen bleibt unkommentiert. Selbst in Zeitungsartikeln, die die Arbeit von Absolventinnenvereinen thematisieren, werden das kulturelle Kapital und ein gegenseitiger Wissenstransfer ausgeblendet. Untersuchungen über eine androzentrische Rezeption Geflüchteter zeigen konträr dazu, dass gerade das kulturelle Kapital von Männern in migrationsfreundlichen Zeitungen anerkannt wird und damit ihre mögliche Einbindung in eine professionelle Berufswelt thematisiert wird.
Für den Arbeitsmarkt lässt sich also feststellen, dass Frauen in den (Tages-)Zeitungen durch ihre imaginierte Zugehörigkeit zur häuslichen Ökonomie als durchaus integrierbar rezipiert wurden und auch die interviewten Frauen selbst das strategische Ziel verfolgten, auf ihre Anpassungsbereitschaft hinzuweisen. Gleichzeitig wurde durch die geschlechtsspezifische Rezeption ein Idealtypus von Weiblichkeit diskursiv hervorgebracht, der die bestehende australische gender order reproduzierte. Geflüchtete Frauen wurden nicht nur durch die mediale Rezeption in diese Geschlechterordnung eingebettet, sondern auch durch die faktische Aufnahme von Beschäftigungen im Hausarbeitssektor. Neben der diskursiven Integration in die australische Geschlechterordnung und damit in die australische Gesellschaft konnten sie also durch die Erfüllung der Erwartungshaltung auch realiter eine Integration in die australische Gesellschaft vollziehen, die Männern durch eine größere gesellschaftliche Ablehnungshaltung erschwert wurde. Gerade in der ökonomischen Geschlechterordnung eröffneten sich für Frauen also Potenziale, um agency auszuüben.
Während Frauen folglich mit Bezug auf ihre Arbeitsmöglichkeit nahezu durchweg positiv rezipiert werden, änderte sich die Wahrnehmung der Presse durch die Thematisierung der Heiratsanstrengungen Geflüchteter. Durch die Berichterstattung über den europäischen Heiratsmarkt und die Praxis geflüchteter Frauen, sich durch die Heirat mit britischen oder französischen Männern die entsprechende Staatsbürgerschaft anzueignen, warf die Presse ein Schlaglicht auf eine potenziell ähnliche Bedrohungslage in Australien. Geflüchtete Frauen wurden dabei nicht nur als Konkurrenz für einheimische Frauen wahrgenommen, sondern auch als Bedrohung für die „Whiteness” der Nation. Durch diese rassifizierte Aufladung eines vermeintlichen Wettbewerbs zwischen britischen und ausländischen Frauen um britische Männer wurde der Partnermarkt als vergeschlechtlichtes Äquivalent zum männlichen Arbeitsmarkt charakterisiert. Die Vorrangstellung einheimischer und die Dominanz „Weißer” wurden, so das vermittelte Bild der Presse, auf beiden Märkten durch das Eindringen von Geflüchteten angetastet. Gleichzeitig wurde die gender order durch die geschlechtsspezifische Gegenüberstellung von Arbeit und Ehe reproduziert. Auch wenn Hochzeiten von Frauen und britischen Männern als potenzielle Gefahr definiert wurden, war es nicht die Verortung von Frauen in der ehelichen Rolle, die die negative Rezeption evozierte, sondern die Transgression einer race order. Gerade die Tatsache, dass die Ehe im Fall der weiblichen Rezeption als Brennpunkt eines „Rassenkonfliktes” verstanden wurde, hebt hervor, inwiefern Weiblichkeit diskursiv geprägt wurde. Dass gleichzeitig in der Ehe durch das Erlangen einer britischen Nationalität agency ausgeübt werden konnte, demonstriert überdies, dass das hegemoniale Geschlechterarrangement auch im Ehekontext Handlungsräume schuf, die Männern versperrt blieben.
Zuletzt kann anhand der Thematisierung sozialer Netzwerke festgestellt werden, dass Frauen in der australischen Presse als besonders schutzbedürftig porträtiert wurden. Während eine moralisch-humanitäre Verpflichtung in der androzentrischen Berichterstattung nur in migrationsfreundlichen Zeitungen thematisiert wurde, wurden Hilfeleistungen gegenüber geflüchteten Frauen selbst in konservativen Zeitungen unkritisch behandelt. Frauen wurden so zwar einerseits in eine geschlechtsstereotypische Ordnung eingebettet, zeitgleich öffnete diese Ordnung jedoch auch Möglichkeiten einer vereinfachten Integration und Aufnahme in die australische Gesellschaft.
Während Michèle Langfield feststellt, dass britische Männer und Jungen im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert in staatlichen und nichtstaatlichen Migrationsbemühungen vorgezogen wurden, änderte sich der Idealtypus des Migranten folglich durch die Flüchtlingsbewegungen 1938/39 fundamental.[100] Durch die Ankunft nicht-britischer „Migrant:innen” war es nicht länger der arbeitende Mann, der das Bild des optimalen Ankommenden prägte. Stattdessen wurden Frauen vorgezogen, die anpassungsfähig und sprachbegabt waren und sich zur Haushaltsarbeit bereiterklärten. Die ideale Geflüchtete sollte bereitwillig die anspruchsvolle bildungsbürgerliche Haltung ablegen und sich mit der Deklassierung bei zeitgleicher Integration in die australische Gesellschaft zufriedengeben. Die alte Kultur sollte überwunden werden und stattdessen durch eine genügsame working class culture ersetzt werden. Die Assimilation sollte jedoch dort enden, wo sie die australische „Whiteness” durch eine Ehe mit einem britischen Mann gefährdete. Die ideale Migrantin blieb also trotz der – im Vergleich zur androzentrischen Rezeption – positiven Berichterstattung und integrativen Narrativität der Presse ein Schwellensubjekt und balancierte auf der Grenze zwischen Aufnahme und „othering”, zwischen Assimilation und Abgrenzung. Um diese Komplexität der medialen Rezeption geflüchteter Deutschsprachiger gerecht zu werden, reicht eine universalisierende, vermeintlich geschlechtsneutrale Forschungsperspektive nicht aus. Erst durch einen intersektionalen Blick auf die Bedeutung von Geschlecht kann die Vielschichtigkeit der Wahrnehmung Geflüchteter und der subjektkonstituierende Pressediskurs gewürdigt werden.
Inwiefern dieser Diskurs die allgemeine Perzeption der australischen Bevölkerung widerspiegelte und ob die Berichterstattung das Ergebnis oder die Produzentin einer mehrheitsgesellschaftlichen Wahrnehmung von Frauen und Männern war, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Auch bleibt offen, inwiefern sich die Rezeption durch die Klassifizierung weiblicher Geflüchteter als „enemy aliens” nach Kriegsbeginn wandelte. Derlei Untersuchungen könnten weitere fruchtbare Ergebnisse für ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Geschlecht, Migration und medialer Repräsentation liefern und zur geschichtswissenschaftlichen Forschungslandschaft über Flucht und Intersektionalität im 20. Jahrhundert beitragen.
[1] Anon., „Jewish Girls Coming as Domestics,” The Daily News, 27. Juni 1939, 3.
[2] Vgl.: Jill Julius Matthews, Good And Mad Women. The Historical Construction of Femininity in the Twentieth-Century Australia (Sydney, London, Boston: George Allen & Unwin, 1984), 68-71.
[3] Im Folgenden soll der Begriff „Geflüchtete” dem Begriff „Flüchtlinge” vorgezogen werden. Zum einen scheint „Geflüchtete” die geschlechterinklusivere Formulierung. Andererseits soll so die gegenwärtige negative Aufladung des Begriffs „Flüchtling” vermieden werden. „Geflüchtete” verweist zudem durch die Herleitung vom Partizip Perfekt auf den Abschluss der Fluchtbewegung durch die Ankunft im Aufnahmeland und ist somit weniger exkludierend und stigmatisierend.
[4] Vgl. u. a.: Eva Knabl, Sarah Petutschnig und David Röck, „‘But Sympathy cannot go so far as to Permit them to pour into Australia like a Cataract’– Die negative Rezeption von Flüchtlingen in australischen Medien,” In Die Flüchtlingskrise der 1930er Jahre in australischen Tageszeitungen. Eine medienhistorische Diskursanalyse, hrsg. von Philipp Strobl (Hamburg: Verlag Dr. Kovac, 2018), 81–90.
[5] Siehe: Ursula Wiemann, German and Austrian Refugees in Melbourne 1933-1947 (MA-thesis, University of
Melbourne, 1965). – Michael Blakeney, Australia and the Jewish Refugees 1933-1948 (Sydney: Croo Helm Australia, 2001).
[6] Siehe: Paul R. Bartrop, Australia and the Holocaust 1933–45 (Melbourne: Australian Scholarly Publishing, 1994). – Suzanne D. Rutland, The Jews in Australia (Cambridge: University Press, 2005). – Eric Richards, Destination Australia: Migration to Australia Since 1901 (Sydney: University of New South Wales Press, 2008). Zudem muss an dieser Stelle das Standardwerk Klaus Neumanns erwähnt werden: Klaus Neumann, Across the Seas: Australia’s response to refugees: a history (Melbourne: Black Ink Publishing, 2014).
[7] Frühe Untersuchungen bereits durch: Suzanne D. Rutland, „A Changing Community – the Impact of the Refugees on Australian Jewry: New South Wales – a case study,” Australian Journal of Politics & History 31, 1 (1985): 90-108. – Konrad Kwiet, „The Second Time Around: Re-Acculturation of German-Jewish Refugees in Australia,” The Journal of Holocaust Education 10, 1 (2001): 34-49. – Birgit Lang, Eine Fahrt ins Blaue: Deutschsprachiges Theater und Kabarett im australischen Exil (1933-1988) (Berlin: Weidler, 2008). – Seit den 2010er Jahren vermehrt durch: Philipp Strobl, „Migration, Knowledge Transfer, and the Emergence of Australian Post-War Skiing. The Story of Charles William Anton,” The International Journal of the History of Sport 33, 16 (2016): 2005-2025. – Philipp Strobl, „‘But the Main thing is I had the Knowledge’: Getrude Langer, Cultural Transformation and the Emerging Art Sector in Postwar Queensland (Australia),” Australian and New Zealand Journal of Art 18, 1 (2018): 16-30. – Philipp Strobl, „Austrian-Jewish Refugees in Pre- and Wartime Australia. Ambivalent Experiences of Encounter,” Zeitgeschichte 21, (2021): 253-271. – Philipp Strobl, A History of Displaced Knowledge: Austrian Refugees from National Socialism in Australia(Leiden; Boston: Brill, 2025).
[8] So exemplarisch: Jessica Stroja, „Settlement of refugee women and children following the Second World War: challenges to the family,” The History of the Family, 22, 4 (2017): 510-530. – Rachel Harris, „‘You’re better out of the way’: the experiences of German and Italian women in South Australia, 1939–45,” History Australia, 16, 2 (2019): 287-307. – Michèle Langfield, „’A Chance to Bloom’: Female Migration and Salvationists in Australia and Canada, 1890s to 1939,” Australian Feminist Studies 17, 39 (2002): 287-303. – Weitere vergeschlechtlichte Perspektiven auf Australien der Zwischenkriegszeit eröffnet Emily Turner-Graham in: „‘The German Woman Has the Inner Energy to Work for Germanness’: Race, Gender and National Socialism in Interwar Australia,” Lilith 15 (2006): 97–116.
[9] Eine Ausnahme bildet: Beverly Joan Hooper, Australian Reactions to German Persecution of the Jews and Refugee Immigration: 1933-1947, Master’s thesis (Australian National University, 1972). Auch Michael Blakeney widmete sich vereinzelt der Presse: Blakeney, Jewish Refugees, 70-76 u. 145-147. – Besonders Hochschulprojekte erforschten seit den 2010er Jahren die mediale Rezeption geflüchteter Deutschsprachiger: Philipp Strobl (Hrsg.), Die Flüchtlingskrise der 1930er Jahre in australischen Tageszeitungen. Eine medienhistorische Diskursanalyse (Hamburg: Verlag Dr. Kovac, 2019). – Philipp Strobl (Hrsg.), They trusted us but not too much. Transnationale Studien zur Rezeption deutschsprachiger Flüchtlinge in englischsprachigen Medien (Hildesheim, Universitätsverlag, 2020). Eine systematische Untersuchung blieb bisher jedoch aus.
[10] Zu „gender blindness” in der australischen Migrationsforschung siehe: Michèle Langfield, „Gender blind? Australian immigration policy and practice, 1901‐1930,” Journal of Australian Studies 27, 79 (2003): 143-152, hier: 144.
[11] Im Folgenden werden domestic service und domestic work synonym verwendet.
[12] Agency meint hier den Handlungsanspruch eines Individuums in einer formal eingeschränkten Umgebung, also die Chance, durch die eigenen Taten die Umwelt und die äußeren Entwicklungen zumindest partiell zu beeinflussen. Dabei soll agency stets im Kontext von sozialen Strukturen und äußeren Einflüssen betrachtet werden und nicht als essentialisierte Eigenschaft. Vgl.: Barry Barnes, Understanding Agency: Social Theory and Responsible Action (London: Sage Publications, 2000). – Eberhard Raithelhuber, „Von Akteuren und agency. Eine sozialtheoretische Einordnung der structure/agency‐Debatte,” In Vom Adressaten zum Akteur, hrsg. von Hans G. Homfeldt (Opladen: Verlag Barbara Budrich, 2008), 17‐45.
[13] Vgl.: Blakeney, Jewish Refugees, 25.
[14] Durch eine Gewährsperson in Australien konnte der Betrag auf 50$ reduziert werden. Vgl. ebd.: 103.
[15] Vgl.: Wiemann, German and Austrian Refugees, 28ff.
[16] Vgl.: Neumann, Across the Seas, 34f.
[17] Zit. nach: T. W. White, ‘Proceeding of the Intergovernmental Committee, Evian’, 20, in: Neumann, Across the Seas, 35.
[18] Vgl. ebd.: 38. – Vgl.: Blakeney, Jewish Refugees, 114.
[19] Vgl. ebd.: 158-162.
[20] Vgl.: Neumann, Across the Sea, 56ff.
[21] Vgl.: Blakeney, Jewish Refugees, 53 u. 70-79.
[22] Vgl.: Lang, Fahrt ins Blaue, 47.
[23] Vgl.: Wiemann, German and Austrian Refugees, 48f. – Vgl. zu den Begriffen „British”, „White” und „European” auch: Ann Curthoys, „White, British, and European: historicising identity in settler societies,” In Creating White Australia, hrsg. von Jane Carey und Claire McLisky (Sydney: Sydney University Press, 2009), 3-18.
[24] Ruth Frankenberg, „The Mirage of an Unmarked Whiteness,” In The Making and Unmaking of Whiteness, hrsg. von Birgit Brander Rasmussen et al. (Durham: Duke University Press, 2001), 72-96, hier: 75f.
[25] Zur Frage der „Whiteness” von Jüd:innen in Australien siehe: Sarah Edith Charak, Anglo-Jews and Eastern European Jews in a White Australia, Bachelor’s thesis (University of Sydney, 2019), 74-77. – Jon Stratton, “The Colour of Jews: Jews, Race and the White Australia Policy,” Journal of Australian Studies 20, 50–51 (1996): 51-65. – Der Assimilationszwang der australischen Gesellschaft wird besonders an den jüdischen Gemeinschaften deutlich: Um antisemitische Ressentiments oder den Vorwurf abzuwehren, Jüdinnen und Juden seien Australien gegenüber nicht loyal genug, wurde eine radikale Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft und damit die Anglikanisierung des australischen Judentums angestrebt. Vgl.: Rutland, Jews in Australia, 5. – Bartrop, Australia and the Holocaust, 13-17
[26] Im Folgenden wird von einer androzentrischen Rezeption gesprochen, um zu verdeutlichen, inwiefern eine universalisierende Rezeption Geflüchteter sowie die Forschung über Geflüchtete durch eine „gender blindness” geprägt war und ist, die die Existenz und Lebensrealität weiblicher Geflüchteter weitgehend ignoriert.
[27] Vgl. ebd.: 83f. – Vgl. auch.: Philipp Ratz, „Der November 1938 in ausgewählten Zeitungen aus dem Raum Queensland (Australien),” In „They trusted us – but not too much“: Transnationale Studien zur Rezeption deutschsprachiger Flüchtlinge in englischsprachigen Medien in den 1930er Jahren, hrsg. von Philipp Strobl (Hildesheim: Universitätsverlag Hildesheim, 2020).
[28] Vgl.: Blakeney, Jewish Refugees, 71.
[29] Vgl.: Blakeney, Jewish Refugees, 75f. – Knabl et al., But Sympathy cannot go so far, 81ff.
[30] Vgl. ebd.: 82f.
[31] Vgl. ebd.: 84f.
[32] Vgl. ebd.: 86ff. – Vgl.: Blakeney, Jewish Refugees, 72ff.
[33] Vgl. ebd.: 75.
[34] Vgl.: Hooper, Australian Reactions, 1972, 70.
[35] Vgl.: Knabl et al., But Sympathy cannot go so far, 80ff.
[36] Vgl.: Stefan Moser, Alexander Renner und Christopher Scheel, „Gegenstimmen zu Fremdenfeindlichkeit in der australischen Presse. Eine Diskursanalyse,” In Die Flüchtlingskrise der 1930er Jahre in australischen Tageszeitungen. Eine medienhistorische Diskursanalyse, hrsg. von Philipp Strobl (Hamburg: Verlag Dr. Kovac, 2018), 91–105, hier: 93-96.
[37] Vgl. ebd.: 96f.
[38] Da im Gegensatz zur androzentrischen Rezeption von Geflüchteten vergleichsweise kongruente Narrative die Wahrnehmung weiblicher Geflüchteter in der Presse prägten, sollen im Folgenden nicht einzelne Zeitungen untersucht werden. Trotz des universalisierenden Charakters einer solchen Analyse sollen abweichende Berichterstattungen einbezogen werden. Anhand dieser soll jedoch deutlich werden, inwiefern sich die übrige Zeitungslandschaft durch übereinstimmende Kernerzählungen definierte.
[39] Gemäß Jill Mathews determiniert die „gender order” „the definition or the meaning of ‘women’ and ‘men’ in any particular society by sanctioning the patterns of relations between women and men as gender groups, and between individual women and men as members of those specific groups.” Matthews, Historical Construction of Femininity, 23. Da Matthews‘ konstruktivistischer Ansatz auch darauf abzielt, zu erklären, wie Frauen hervorgebracht werden, eignen sich ihre Werke aus zweierlei Gründen hervorragend für eine Analyse: Zum einen zielt Matthews konkret auf die historisierbare Geschlechterordnung der australischen Gesellschaft ab. Überdies kann durch eine konstruktivistische Perspektive auf Geschlecht beleuchtet werden, inwiefern die australische Presse in Diskursen Geschlecht und damit eine spezifische Perzeption von Weiblichkeit hervorbringt. Durch eine Konvergenz von Matthews‘ gender order mit poststrukturalistischer Theorie kann also der Pressediskurs nicht nur auf seine Narrativität hin untersucht werden, sondern auch als Institution eines produktiven Machtbegriffs verstanden werden. Zu diskursiver Machtformation siehe: Michel Foucault, Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit 1 (Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 2012), 18ff.
[40] Vgl.: Jill Julius Matthews, Good and mad women: a study of the gender order in South Australia 1920-1970, Ph. D thesis (University of Adelaide, 1979), 204-207.
[41] Ebd.: 273.
[42] Vgl.: Strobl, A History of Displaced Knowledge, 212.
[43] Vgl.: Langfield, Chance to Bloom, 290. – Langfield, Gender Blindness, 145-147. Auch Werbeanzeigen und Poster wurden in England verbreitet, die die Migration nach Australien bewarben. Frauen wurden in diesen als domestic servants oder Ehefrauen im Haushalt imaginiert. Vgl. ebd.: 146 u. 149.
[44] Vgl.: Richards, Destination, 132.
[45] Anon., „German Refugees,” Manjimup and Warren Times, 6. September.1939, 6.
[46] Anon., „Our Brisbane Letter,” Maryborough Chronicle, Wide Bay and Burnett Advertiser, 24. August.1939, 11.
[47] Vgl. z. B.: Marian March, „With Notebook and Pencil,” The Advertiser, 16. Mai 1939, 6. – Anon., „Plan to bring University Refugees here,” News, 16. November 1938, 7. – Anon., „Who Wants Doctor Of Philosophy As Servant?,” The Newcastle Sun, 29. Juli 1939, 7.
[48] Nicht nur die australische Mehrheitsgesellschaft erwartete, dass Ankommende in der Öffentlichkeit Englisch sprechen. Auch gaben jüdische Gemeinden die Instruktion, in der Öffentlichkeit auf die eigenen Muttersprachen zu verzichten, und machten darauf aufmerksam, dass die geflüchteten Individuen nicht nur die jüdischen Gemeinden repräsentieren würden, sondern auch die Gesamtheit der Geflüchteten. Vgl.: Rutland, Jews in Australia, 62. – Kwiet, Re-Acculturation, 39. Auch in der australischen Presse wird diese Erwartungshaltung deutlich: Anon., „Jewish Girls Coming as Domestics,” The Daily News, 27. Juni 1939, 3.
[49] Anon, „Where Refugee Women Cook Irish Stew,” The Sydney Morning Herald, 31. Juli 1939, 12.
[50] Vgl. auch: Matthews, Good and man women, 273f.
[51] Vgl.: Strobl, Austrian-Jewish Refugees, 7ff. – Vgl auch: Lang, Fahrt ins Blaue, 23ff. Inwiefern in der androzentrischen medialen Rezeption ebenfalls partiell das Bild einer absoluten Assimilation entworfen wurde, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. In jedem Fall ist davon auszugehen, dass zumindest die Erwartungshaltung einer vollständigen Akkulturation auch für Männer galt.
[52] Vgl.: Matthews, Historical Construction of Femininity, 58.
[53] Außerdem muss reflektiert werden, dass es vor allem Männer sind, die Zeitungsartikel oder Leserbriefe verfassen. Domestic servants, die sich potenziell von den ankommenden Frauen bedroht fühlten, wären durch die überwiegend männliche Autor:innenschaft ohnehin schwerlich zu Wort gekommen.
[54] Anon., Brisbane Letter, 11. Siehe außerdem: Anon., „Plan to bring University Refugees here,” News, 16. November 1938, 7.
[55] So exemplarisch in The Sun: Anon., „Displaced by Alien Immigrants,” The Sun, 5. November 1938, 2.
[56] Vgl.: Anon., „Refugees at 5s Week,” The Sun, 28. Juli 1939, 3. – Anon., „Refugee Domestics at 5/ a week,” Newcastle Morning Herald and Miners’ Advocate, 29. Juli 1939, 13. – Anon., „Refugee Women accept low wages,” Daily Mercury, 3. August 1939, 8.
[57] Vgl.: Anon., „Reader’s Opinions. Immigration at a price,” Singleton Argus, 14. August 1939, 3.
[58] Ebd.: 3.
[59] Vgl.: Knabl et al., But Sympathy cannot go so far, 81ff.
[60] Vgl.: Anon., „Refugee Jews. Undertakings not Honoured,” The Sydney Morning Herald, 4. März 1939, 13. – Anon., „Jewish Refugees. Obligations not Honoured,” The Mercury, 6. März 1939, 6.
[61] Ebd.: 13.
[62] Vgl.: Strobl, Austrian-Jewish Refugees, 10. – Richards, Destination, 147.
[63] Vgl. für die Bourdieu’schen Kapitalsorten siehe: Pierre Bourdieu, „Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital,” In Handbuch Bildungs- und Erziehungssoziologie, hrsg. von Ullrich Bauer et al. (Wiesbaden: Springer VS, 2012). – Vgl.: Lang, Fahrt ins Blaue, 45.
[64] Vgl.: Strobl, Austrian-Jewish Refugees, 10. – Kwiet, Re-Acculturation, 36. – Wiemann, German and Austrian Refugees, 148.
[65] Vgl.: Anon., „Women’s Realm,” The West Australian, 4. Juli 1939, 5. – March, With Notebook and Pencil, 6. – Anon., Who Wants Doctor Of Philosophy As Servant?, 7. – Anon., Plan to bring University Refugees here, 7.
[66] Ebd.: 7.
[67] Anon., German Refugees, 6.
[68]Vgl. hierzu auch: Marian March, With Notebook and Pencil, 7.
[69] Marian March, „Women’s News and Views. Problems of Refugee Women Graduates,” The Advertiser, 2. November 1938, 12.
[70] Anon., Who Wants Doctor Of Philosophy As Servant?, 7.
[71] Auch Organisationen für Universitätsabsolventinnen werben Frauen ausschließlich für domestic work an. Vgl. dazu: Kapitel IV.3. – Eine Ausnahme bildet ein Artikel des Australian Worker, in welchem in Frage gestellt wird, wieso gebildete Frauen domestic work annehmen sollten. Vgl.: Anon., „The South Australian Worker,” The Australian Worker, 23. November 1938, 15.
[72] Strobl, A History of Displaced Knowledge, 188 u. 218f. – Einzig mit Bezug auf England wird die Ausbeutung von geflüchteten Frauen beschrieben: Anon., „Exploiting Refugees,” Daily Mercury, 5. Januar 1939, 9.
[73] Anon., Our Brisbane Letter, 11.
[74] Vgl.: Matthews, Historical Construction of Femininity, 70.
[75] Vgl.: Harris, German and Italian women, 306.
[76] Dass dieselbe Nachricht am 17. Juli 1939, also vier Monate nach Erstberichterstattung, im Daily Mercury abgedruckt wurde, ist besonders bemerkenswert und verweist auf die andauernde Relevanz des Themas. Vgl.: Anon., „Refugees Stealing Husbands?,” The Evening News, 28. März 1939, 2.
– Anon., „Refugee Girls Seek British Husbands,” Daily Mercury, 17. Juli 1939, 3.
[77] Anon., „Refugees Stealing Husbands?,” The Evening News, 28. März 1939, 2.
[78] Ebd.: 2.
[79] Ebd.: 2.
[80] Vgl.: Langfield, Gender Blindness, 145-149.
[81] Anon., „Spy Gangs,” Daily Mercury, 23. Juni 1939, 3.
[82] Als „fünfte Kolonne” wurden Deutsche oder Österreicher:innen bezeichnet, die vermeintlich als Spion:innen für das Deutsche Reich arbeiteten.
[83] Vgl.: Neumann, Across the Sea, 56ff. – Wieman, German and Austrian Refugees, 219f.
[84] Vgl.: Anon., „Marriage with Refugees,” Daily Mercury, 17. Januar 1939, 5. – Anon., „Husbands Bought,” Advocate, 20. Januar 1939, 1.
[85] Vgl.: Anon., „Blackmailed Refugees,” The Evening News, 8. April 1939, 4.
[86] Ebd.: 4.
[87] Ebd.: 4.
[88] Anon., „Husbands and Wives for sale,” The Evening News, 16. August 1939, 10.
[89] Vgl.: Langfield, Chance to Bloom, 290ff. Besonders die Australian Jewish Welfare Society übernahm eine zentrale Rolle bei der Versorgung der Geflüchteten. Vgl.: Bartrop, Australia and the Holocaust, 32ff.
[90] Neben der Graduate’s Association wird selbstverständlich auch über andere jüdische und nicht-jüdische Netzwerke berichtet. Vgl. hierzu: Anon., „Council of Jewish Women,” The Australian Jewish Herald, 8. Dezember 1938, 12. – Anon., „Jewish Girls Coming As Domestics,” The Daily News, 27. Juni 1939, 3. – Anon., „Graduates on Assistiance for Refugees,” The Herald, 23. November 1939, 25.
[91] Vgl.: Anon., Plan to bring University Refugees here, 7. – Einzig ein Artikel des Australian Jewish Herald hebt die Beschäftigung einer Krankenpflegerin in ihrem Ursprungsberuf hervor: Anon., „Australian Jewish Welfare Society,” The Australian Jewish Herald, 19. Oktober 1939, 3.
[92] Vgl. auch: Anon., „Adelaide Women Will Bring European Graduates To Australia,” Sunraysia Daily, 17. November 1938, 3.
[93] Vgl.: Strobl, But the Main Thing, 16-30.
[94] Anon., „Lonely Migrants,” Daily Mercury, 21. Juli 1939, 10.
[95] Vgl.: Anon., „Women’s Realm,” The West Australian, 1. Juni 1939, 8.
[96] Vgl.: Anon., „Club Notes From N.S.W.,” The Australian Jewish Herald, 1. Juni 1939, 8.
[97] Zur Voreingenommenheit jüdischer Gemeinden gegenüber Geflüchteten siehe: Bartrop, Australia and the Holocaust, 13-17
[98] Vgl.: Anon., „Austrian Girls,” The Argus, 20. August 1938, 5.
[99] Vgl.: Lang, Fahrt ins Blaue, 50-55.
[100] Vgl.: Langfield, Chance to Bloom, 287-303.
