Diese Aufsatzsammlung analysiert die Darstellung und Diskussion von Flucht und Migration in der australischen Presse der späten 1930er Jahre. Im Zentrum steht die Frage, wie Presseberichte zur Konstruktion von Fremdheit, Zugehörigkeit und nationaler Identität beitrugen, insbesondere im Kontext globaler Fluchtbewegungen aus dem nationalsozialistischen Europa. Die Blogbeiträge untersuchen anhand diskursanalytischer Methoden, welche Narrative – etwa Bedrohung, Überfremdung, ökonomische Belastung oder Humanität – in führenden australischen Zeitungen reproduziert und verhandelt wurden. Besonderes Augenmerk gilt dabei der restriktiven „White Australia Policy“ und der grundlegenden Prägung nationaler Identität durch Medienrhetorik. Die unterschiedlichen Beiträge nehmen spezifische Fallbeispiele in den Blick, darunter die Berichterstattung über die Évian-Konferenz, die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge, die Darstellung unbegleiteter Migrant:innen und die spezifischen Narrative zu einzelnen Gruppen oder Ereignissen. Ebenso werden die Wechselwirkungen von Politik, Presse und Öffentlichkeit sowie die Spielräume für solidarische oder ausgrenzende Diskurse beleuchtet. Methodisch basiert das Projekt auf der Auswertung digitalisierter Zeitungsquellen und einer multiperspektivischen Herangehensweise im Rahmen eines universitären Lehrprojekts. Insgesamt verdeutlicht die Beiträge die historische Verwobenheit von medialen Diskursen, migrationspolitischer Praxis und gesellschaftlicher Identitätsbildung, deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart reichen.

Zwischen Ablehnung, Assimilation und Akzeptanz: Darstellung von unbegleiteten, minderjährigen, europäischen Migrant:innen in den beiden Zeitungen „The Daily Telegraph“ und „The Sydney Morning Herald“
Denise Ponholzer, Daniela Singer
Einleitung
“Every war is a war against a child.”[1]
Mit diesem Zitat von Eglantyne Jebb beginnt auch Glen Palmer seine Dissertation zum Thema der unbegleiteten, minderjährigen Migrant:innen.[2] Da diese Aussage besonders prägnant und für das untersuchte Thema relevant ist, soll sie auch in diesem Kontext als Einstieg dienen.
Krieg wird immer auf dem Rücken der Ärmsten und Schutzlosesten ausgetragen. Dies wird in diesem Zitat deutlich. Kinder finden sich unter den unschuldig Betroffenen und es werden Wege gesucht sie zu schützen. Ein Beispiel einer solchen Bestrebung findet sich in Australien in den 1940er Jahren wieder. Hier wurde versucht, eine als zu gering angesehene Bevölkerung durch die Immigration von europäischen, minderjährigen Flüchtlingen anwachsen zu lassen. Dabei fand in den 1940er Jahren in Australien ein Wandel von einer restriktiven Einwanderungspolitik zu einer Politik des “populate or perish” statt. Beeinflusst wurde dieser Wandel durch diverse Faktoren, wie auch den Kriegsverlauf.[3]
Über diesen Vorgang wurde auch in australischen Tageszeitungen berichtet. Dieser Diskurs soll nachfolgend analysiert werden.
Um diesen spezifischen Aspekt der Kriegs-Waisen als Migrant:innen und genauer den Diskurs über diese Thematik in Zeitungen zu beleuchten wird folgende Forschungsfrage als Grundlage genutzt:
„Wie hat sich die Darstellung von unbegleiteten, minderjährigen, deutschsprachigen Migrant:innen in den beiden Zeitungen „The Daily Telegraph“ und „The Sydney Morning Herald“ in Sydney von 1943 bis 1949 verändert?“
Wie in der Forschungsfrage bereits erkennbar, wurden hier Einschränkungen vorgenommen, um das Thema in einem angemessenen Rahmen zu behandeln. So wird die Thematik etwa an den Beispielen der Zeitungen „The Daily Telegraph“ und „The Sydney Morning Herald“ analysiert. Die ausgewählten Zeitungen verfügten beide über eine breite Leser:innenschaft und stellten damit auch zentrale Informationsquellen im Raum Sydney dar.
Zeitlich wird ein Bereich zwischen 1943 und 1949 betrachtet. So ist es möglich, insbesondere in den Anfangsjahren, auch eine gewisse Entwicklung aufzuzeigen und Quellen sowohl vor, als auch nach gewissen Zäsuren zu inkludieren.
Um passende Artikel zu finden, wurde zuerst eine Suche im australischen Online-Zeitungsarchiv Trove[4] durchgeführt. Die Suche wurde auf den Bereich in und um Sydney und nachfolgend auf die Zeitungen „The Daily Telegraph“ und „The Sydney Morning Herald“ beschränkt. Zudem wird nur der Zeitraum zwischen 1943 und 1949 berücksichtigt.
Für die Suche wurden Begriffe wie „unaccompanied child migrants“, „german child migrants“ oder „child migrants“ verwendet.
Für die weitere Bearbeitung und Analyse der Zeitungsartikel wird eine qualitative Inhaltsanalyse verwendet. Hier wurden sechs Analysekategorien festgelegt. Anhand dieser können die Artikel analysiert, kategorisiert und anschließend die Ergebnisse verglichen und kontextualisiert werden. Die erste Kategorie wird als „Thema“ bezeichnet und nennt in wenigen Worten die im Text behandelte Thematik. Als nächstes wird die Art des Artikels festgestellt. Diese Einordnung soll aufzeigen in welcher Form (Artikel, Bericht, Umfrage, Leserbrief, etc.) über diese Geschehnisse und Entwicklungen geschrieben wurde. Diese Analysekategorie zeigt, inwieweit die Öffentlichkeit in die Berichterstattung involviert war und wessen Meinungen publiziert wurden. Einhergehend wird auch der Zweck des Artikels genannt. Hiermit wird die Absicht der Autor:innen festgehalten. Neben diesen eher formalen Kategorien gibt es drei weitere, welche sich genauer mit dem Inhalt beschäftigen. Zuerst wird die grundsätzliche Verortung des Artikels festgestellt, hierzu dient die Kategorie „Pro/Contra Migration“, welche aufzeigt ob sich die im Artikel dargestellte Meinung generell für oder gegen Migration positioniert. Die nächste Analysekategorie ist „Ton“. Hier wird die Schreibweise und Wortwahl des Artikels analysiert und es wird dadurch auch die Einstellung gegenüber der Thematik der unbegleiteten, minderjährigen Migrant:innen festgehalten. Zuletzt folgt die Kategorie „Bezeichnungen“. Hier werden die für die Migrant:innen benutzten Begriffe festgehalten. Bei dieser Kategorie ist eine gewisse Beeinflussung durch die zuvor verwendeten Suchbegriffe möglich. Durch die Feststellung der in den Artikeln genutzten Bezeichnungen ist es möglich, diese zu vergleichen und somit aufzuzeigen, ob es einige regelmäßig genutzte Begriffe gibt. Zudem können durch diese Nebeneinanderstellung auch vom Diskurs abweichende, möglicherweise besonders befürwortend oder ablehnend genutzte, Bezeichnungen erkannt werden.
Obwohl die Thematik der Migrationspolitik im und nach dem Zweiten Weltkrieg in den Australischen Zeitungen viel diskutiert wurde und somit auch ein reichhaltiger Forschungsdiskurs zu diesem Thema besteht, ist der hier behandelte Aspekt der unbegleiteten, minderjährigen, deutschsprachigen Migrant:innen in dem von uns untersuchten Zeitraum nur selten bis gar nicht in bestehender Literatur zu finden.
Aus diesem Grund sollen nachfolgend einige Überblickswerke vorgestellt werden. Diese dienen als Grundlage und Ausgangspunkt für diese Untersuchung und bieten zudem die Möglichkeit, gefundene Ergebnisse zu kontextualisieren.
Ein auffallender Aspekt in der Forschungsliteratur ist das fast vollständige Fehlen von Arbeiten zu bzw. mit Tageszeitungen. Häufig dienen Interviews, Reisedokumente, oder andere persönliche Dokumente, welche während der Flucht benötigt bzw. ausgestellt wurden als Forschungsgrundlage.[5] Zudem wird oft ein Forschungszeitraum bis zum Jahr 1945 gewählt.[6] Anschließend wird wiederum nur die Zeit nach dem Jahr 1945 betrachtet. Um neue Aspekte aufzuzeigen, soll in der folgenden Arbeit der Zeitraum bis 1945 nur als Vorgeschichte betrachtet werden und der Hauptfokus liegt in den späten 1940er-Jahren. Hiermit soll eine Verknüpfung beider bisher erforschter Untersuchungszeiträume stattfinden und damit einen neuen Zugang zum Thema schaffen.
Ein für diese Thematik relevanter Autor ist Glen Palmer. Bereits in seiner 1995 veröffentlichten Dissertation beschäftigte er sich mit unbegleiteten Flüchtlingskindern in Australien. Auch der Faktor der nationalen Herkunft, in diesem Fall, aus Deutschland bzw. aus deutschsprachigen Regionen wird in einem eigenen Kapitel behandelt.[7] Neben diesem Werk publizierte Palmer auch weitere Artikel zu diesem Thema.[8]
Ein weiteres der zuvor erwähnten Grundlagenwerke stellt “Immigration Policies and Refugees in Australia” von Charles Price dar, welches die australische Migrationspolitik im Allgemeinen behandelt.[9]
Um eine gute Einbettung dieser Untersuchung in den vorhandenen Forschungsstand zu gewährleisten, wurden Werke herangezogen, welche sich mit dem Zeitraum nach 1949 beschäftigen und somit einen gewissen Ausblick bieten. Hier gibt es etwa ein Buchkapitel mit dem Titel “ A Distant Sanctuary: Australia and Child Holocaust Survivors” von Suzanne D. Rutland[10], oder auch die Texte “Fated to be Orphans: The Consequences of Australia’s Post-War Resettlement Policy on Refugee Children”[11] und “Reffos, Wogs and Dagoes: The Immigration Experience in Post-World War II Australia”[12] aus dem Jahr 2016.
Die Australische Einwanderungspolitik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Im weltweiten Vergleich ist die Geschichte der australischen Immigrationspolitik sehr kurz.[13] Die australische Immigrationspolitik war (und ist) genau festgelegt und streng organisiert.[14] Die australische Regierung befasste sich vor dem Zweiten Weltkrieg kaum mit Migrationsfragen und Einwanderungspolitik nicht-britischer Migrant:innen.[15] Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieg existiert jedoch ein eigenes Ministerium.[16] Eine Begründung für die Errichtung eines solchen Ministeriums, kann in dem im Laufe des Zweiten Weltkrieges aufgekommenen Gedankens des „populate or perish“, gesehen werden. Diese Idee geht auf die Vorstellung zurück, dass entweder ein Bevölkerungswachstum stattfindet oder die Bevölkerung bzw. die Nation untergeht. Da die australische Bevölkerung, auch aufgrund des Verlaufes des Zweiten Weltkrieges nicht anwuchs und die Geburtenrate rückläufig war, sollten, besonders um die wirtschaftliche Stabilität und (außenpolitische) Sicherheit aufrechtzuerhalten, Einwander:innen nach Australien kommen.[17] Dabei wurde bis in die 1960er Jahre jedoch nicht zwischen Flüchtenden, Displaced Persons und Immigrant:innen unterschieden.[18] Die australische Einwanderungspolitik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war vor allem auch durch die sogenannte “White Australia policy” geprägt. Das Ziel dieser Politik war damit die Erhaltung einer möglichst homogenen Gesellschaft und der nahtlosen Assimilation von Einwander:innen in die australische Gesellschaft.[19]

„White Australia policy“
Das australische Ziel war es eine möglichst britische Bevölkerung in Australien zu erhalten.[20] In Folge dessen zielte die sogenannte „White Australia policy“ primär auf die Assimilation von Einwander:innen und der Bildung einer möglichst homogenen Gesellschaft, ab.[21] Die „White Australia policy“ richtete sich demnach vor allem gegen nicht-britische, allen voran asiatische Einwander:innen.[22] In erster Linie sollten britische Immigrant:innen in Australien aufgenommen werden. Hierfür gab es Pläne für jede nicht-britische Person zehn britische Immigrant:innen aufzunehmen.[23] Der australische Plan, möglichst viele Brit:innen anzuziehen, ging jedoch nicht auf. Damit wandte man sich seit dem Jahr 1947 vermehrt an europäische Displaced Persons.[24] Die australische Regierung versuchte durch verschiedene Maßnahmen die Bevölkerung auf europäische Immigrant:innen vorzubereiten. So wurde beispielsweise auch die australische Presse, in erster Linie auch Tageszeitungen, angeleitet, ihre Berichterstattung entsprechend zu gestalten. Über die Ankunft von Migrant:innen wurde in den Jahren 1946 und 1947 oft noch kritischer berichtet als in den Folgejahren. Anschließend entstand der Ausdruck „new Australian“, um die Akzeptanz von Migrant:innen innerhalb der Gesellschaft zu verbessern.[25] Ferner bestanden innerhalb der Gesellschaft weitgehende Vorurteile gegen nicht-britische Einwander:innen.[26]
Besonders wurden innerhalb der australischen Bevölkerung Immigrant:innen der „white races“, „Nordics and Scandinavian races“ und „European races“ bevorzugt. Hinsichtlich anderer Bevölkerungsgruppen wie Italiener:innen, Jugoslaw:innen oder (polnische) Jüd:innen bestanden Vorurteile und weitgehende Generalisierungen.[27] Diese Neigung der australischen Bevölkerung, wie auch der Regierung verdeutlichte sich in der sogenannten “White Australia policy”.[28]
Kinder als Immigrant:innen
Folgend aus den Überlegungen des australischen Migrationsministeriums und der „White Australia policy“ wurden minderjährige weiße Immigrant:innen bevorzugt. Auch hier präferierte man britische Kinder.[29] Die angestrebte Zielgruppe wurde mit dem Ausdruck „child population of Britain“ bezeichnet. Diese Gruppe bestand jedoch aufgrund innereuropäischer Fluchtbewegungen nun aus Kindern aus verbündeten, wie auch ehemals feindlichen Staaten. Damit entstanden Diskussionen rund um die Aufnahme von anderen europäischen Flüchtlingskindern.[30] Aber auch aufgrund der geringen Anzahl an britischen Waisenkindern, wandte man den Blick auch auf Kinder aus anderen europäischen Staaten. So sollen britische Kinder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren und andere europäische Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren aufgenommen werden. Kinder wurden dabei als ideale Immigrant:innen gesehen, da sie aufgrund ihres jungen Alters anpassungsfähiger waren und ebenso ihre gesamte Arbeitslaufbahn noch vor sich hatten und damit wirtschaftliches Potential in sich trugen.[31]
Wer kam nach Australien? – Die Hintergründe der unbegleiteten Minderjährigen
Während des Zweiten Weltkrieges kamen vorwiegend britische Kinder nach Australien. Viele dieser Kinder wurden von ihren Müttern begleitet. Andere Kinder wurden von ihren Eltern aufgrund der Kriegsgeschehnisse alleine nach Australien geschickt. Jedoch blieb die Zahl jener Kinder, die nicht aus Großbritannien stammten, gering.[32]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war die Situation der unbegleiteten Minderjährigen bzw. Waisenkinder unübersichtlich. Die UNRRA[33] unter der „Child Tracing and Reparation Unit“ versuchte diese schwierige Lage zu organisieren und die Kinder wieder mit ihren Eltern bzw. anderen Verwandten zu vereinen oder an sichere Orte zu bringen. Dabei gab es jedoch Zweifel und Schwierigkeiten in der Umsetzung dieser Pläne. Diese Kinder hatten verschiedenste Hintergründe, so kamen beispielsweise Kinder aus Konzentrationslagern, waren von den Nazis verschleppt worden, galten als Displaced Persons und befanden sich in DP-Lagern oder waren auch deutsche Kinder, welche durch den Kriegsverlauf ohne ihre Eltern aufgefunden wurden. Im Falle der deutschen Kinder bzw. jener Kinder der deutschsprachigen Bevölkerung, die aus Regionen wie Schlesien oder Böhmen vertrieben wurden, wurden vor allem durch das Deutsche Rote Kreuz versorgt.[34] Für die Organisation der Einwanderung aus DP-Lagern gab es ein Abkommen der IRO[35] mit Australien.[36] Anfragen zur Immigration nach Australien wurden im Regelfall schnell bearbeitet und ermöglichte so auch eine effiziente Einreise.[37]
Analyse
Wie zuvor angemerkt werden zur Analyse verschiedene Artikel der beiden Zeitungen „The Daily Telegraph“ und „The Sydney Morning Herald“ herangezogen. Der „The Sydney Morning Herald“, wie auch der „The Daily Telegraph“ waren lange Zeit die wichtigsten Zeitungen in Sydney. Ebenfalls waren beiden Zeitungen vergleichsweise auflagenstark.[38]
Die gesellschaftliche Bedeutung der Zeitungen, sowie die Auflagenstärke und damit einhergehende weite Verbreitung in der Bevölkerung Sydneys waren ein weiteres zentrales Auswahlkriterium für ihre Nutzung in der nachfolgenden Analyse.
Wichtigstes Merkmal stellte hierbei allerdings die Erwähnung der Deutschsprachigkeit, meist in Form der Nationalität der Migrant:innen, dar. Im Webarchiv “Trove” gibt es eine Vielzahl an weiteren Artikeln beider ausgewählten Zeitungen, aus welchen die Nationalität der Kinder aufgrund der Bezeichnung der Kinder als “europäisch” nicht exakt herauszulesen ist.
Anhand der sechs Analysekategorien, Thema, Art, Zweck, Pro/Contra Migration, Ton und Bezeichnungen, werden die ausgewählten Artikel bzw. deren Inhalt aufgesplittert und so auch vergleichbar gemacht.
„The Daily Telegraph“
„The Daily Telegraph“ wurde im Jahr 1879 gegründet und deckte vor allem die Berichterstattung rund um Sydney ab.[39]Wie auch „The Sydney Morning Herald“ erschien „The Daily Telegraph“ immer morgens und war damit unter den Hauptzeitungen in Sydney.[40]
Im „The Daily Telegraph“ erschien in der untersuchten Zeitspanne der erste relevante Artikel am 16. November 1943. Unter dem Titel „Want Child Migrant Plans Now“ wird über Forderungen der British Orphans Adoption Society, Britische und Europäische Kriegs-Waisen nach Australien zu bringen, berichtet. Im Zuge dieser Diskussion wird auch ein Appell für Kinder feindlicher Nationen erwähnt. Folgendes Zitat aus einem Interview mit Mr. J. F. Leacock zeigt, dass auch die Inklusion von deutschen Kindern gefordert wurde:
„Germans make excellent colonists, and, if brought to Australia at a tender age, I don’t think they couls have been impregnated with Nazi doctrines.”
Zur generellen Migrationspolitik wird sich hier nicht spezifisch geäußert. Allerdings lässt das Werben für Migration von Kindern auf eine neutrale bis positive Position schließen. „orphans“, „children“ und „war orphans“ werden als Bezeichnungen genutzt. [41]
„Alien Child Migrants. Move To Include Young Europeans In Govt. Scheme” ist der Titel eines am 08. Dezember 1944 erschienen Artikels. In diesem Bericht werden Forderungen deutsche und italienische, sowie alliierte Kinder nach Australien zu bringen dargelegt. Die Meinung zur Migrationspolitik allgemein scheint positiv zu sein, da über eine geforderte Ausweitung berichtet wird. Über diese Pläne wird grundsätzlich positiv berichtet. Die besprochene Personengruppe wird als „alien child migrants“, „young europeans“, „german/allied european children“, „child migrants“ und „children“ bezeichnet. [42]
An einem Samstag, dem 09. Dezember 1944, wurde ein Bericht veröffentlicht, welcher eine Aufenthaltserlaubnis für jüdische Waisenmigranten thematisiert. Diese wurde der „Australien Jewish Society“ von der australischen Regierung gewährt. Die Organisation erhielt die Erlaubnis 300 österreichische, deutsche, polnische und französische Kinder nach Australien zu bringen. In diesem Artikel werden besonders die verschiedenen Meinungen zu Herkunft und Alter der Kinder sichtbar. Die „Salvation Army“ und das „Australien Jewish Society’s Children Committee“ befürworteten zuvor bereits, dass deutsche und italienische Kinder nach Australien gebracht werden, während sich die „Dr. Barnado‘s Homes“ and die „British Orphans‘ Adoption Society“ dagegen ausgesprochen hatten. Der persönliche Sekretär der „Salvation Army“ äußerte sich wie folgt: „We have no objection to German and Italian child migrants, provided they are under 10 years of age.”[43] Eine widersprüchliche Meinung stammt von einem Manager der “Dr. Barnado’s Homes“: „We should first concentrate on British children, and if we don’t get sufficient, turn to others.”[44] Die Position zur Migration generell wird neutral gehalten, man zeigt Meinungen beider Seiten. Auch der Ton bleibt neutral. „jewish orphan migrants“, „austrian/german/polish/french children“, „children“ und „child migrants“ werden als Bezeichnungen genutzt. [45]
„No objection to German orphans”, so wird ein Artikel vom 08. Juli 1945 betitelt. In der ersten Hälfte wird von einer Aussage des australische Politikers Bruce Pie berichtet, welche dieser auf der Rückreise von einem Besuch der britischen Besatzungszone in Deutschland getätigt hatte. Er forderte hier, dass deutsche Kinder als Migrant:innen nach Australien gebracht werden sollten. Dabei beschrieb er deutsche Waisen unter 10 Jahren als „lovely, blue-eyed, fair kids, full of life and wondering what all the destruction was about.”[46] In dieser Aussage finden sich auch die Werte der “White Australia policy” wieder.
In der zweiten Hälfte des Artikels werden Meinungen von Bürgern aus New South Wales veröffentlicht. Die Aussagen sind mehrheitlich, wenn auch nicht unkritisch, für die Inkludierung von deutschen Kriegs-Waisen. Allerdings nur bis zu einem bestimmten Alter und nur wenn es keine britischen Waisen zur Verfügung stehen. Besonders die letzten beiden Befragten und ihre Antworten stechen allerdings aus den vorherigen Aussagen heraus. Ein Arbeiter bezeichnet Deutsche als „pretty good race“ und gibt folgendes Zitat: „We must populate our country, so must pick the best from the white people available.” Eine Kellnerin sagt folgendes: “After all we have to think of the colored races; and whatever their faults, the German people are white, healthy, and intelligent.”[47] Diese Aussagen zeigen sehr gut den Aspekt von rassistischen und antisemitischen Argumentationen auf, welche oft in dieser Diskussion mitschwingen. Generell für Migration gestimmt, fällt auch der Ton hier eher positiv und wohlwollend aus. Die minderjährigen Migrant:innen werden hier „german orphans“, „german children“, „war orphans“ und „german kids“ genannt.[48]
Besonders die Arbeitsfähigkeit der deutschen minderjährigen Migrant:innen wird immer wieder hervorgehoben. Einer der leitenden Organisatoren, welcher für die Immigration von Minderjährigen nach Australien in London verantwortlich war, meinte sogar, dass die deutschen und österreichischen Kinder „superior physically and mentally to the type of British boy“ seien.[49]
Nur wenig später, am 31. August 1945, erschien ein weiterer Artikel zu dieser Thematik. Es wurde hier über Aussagen vom Repräsentanten und Politiker George Martens[50] berichtet. Dieser sprach sich für „junge deutsche Kinder Migrant:innen“ aus und kommentierte auch die australische Migrationspolitik allgemein, sowie den Umgang von Australier:innen mit Migrant:innen. Hier bedauerte er etwa die Nutzung des Wortes „Dagoes“ um Italiener zu beschreiben.
Die Berichterstattung bleibt hier neutral, jedoch wird sich im Inhalt klar pro-Migration positioniert. Der Ton bleibt neutral und erzählend. Als Bezeichnungen dienen „german child migrants“ und„german children“. [51]
Der Artikel ist im Zeitraum nach dem Ende des Krieges in Europa erschienen. Gerade diese Zeit stellt einen prägnanten (Wende-)Punkt im Umgang mit immigrierenden Kindern dar. Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gerieten jene Kinder, die vor und während dem Krieg nach Australien gekommen waren, immer mehr in Vergessenheit geraten. Der Fokus der Bevölkerung, der Regierung und auch der Wohlfahrtsorganisationen wandte sich vielmehr den ankommenden Kindern zu.[52]
Am 26. Mai 1946 erschienen im „The Daily Telegraph“ noch zwei zusammengehörende Texte zum Thema der deutschsprachigen, minderjährigen Migrant:innen.
Zuerst ein kurzer Artikel, welcher einen Einblick in die Pläne und Vorschläge der Migrationspolitik gibt und zuletzt auf den nachfolgenden Artikel verweist. Ein erwähnter Vorschlag stammt von dem Direktor des „National Fitness Council“ und beinhaltet folgende „Reihenfolge der selektiven Priorität: Groß Britannien, Skandinavien, Deutschland, Holland, das Baltikum, Frankreich, Österreich, Ungarn, und der Balkan.“[53] Der Zweck dieses Artikels scheint neben der Information, vor allem das aufmerksam machen auf den zweiten Artikel zu dem Thema in dieser Ausgebe zu sein. Man scheint die Immigration zu befürworten und der Ton bleibt neutral bis positiv. Es wird hier der Begriff „child migrants“ genutzt.[54]

Bereits 1940 wurden von britischen und australischen Repräsentanten Gespräche zur Aufnahme von alliierten Waisenkindern geführt. Hier sollten jedoch die Kinder nach Nationalität selektiert und priorisiert werden. Man erklärte sich damit einverstanden, zunächst niederländische, belgische, dänische und norwegische Kinder aufzunehmen. Erst etwas später kam es zum offiziellen Entschluss auch deutschsprachige Kinder aufzunehmen.[55]
Der zweite am 26. Mai 1946 erschienene Artikel ist ein Leserbrief von Sydney H. Deamer. Betitelt mit „Letter from an angry man. Can You hear the cry of Europe’s children?” fordert der Autor Hilfe für jüdische Kinder und will Menschen mit seinem Brief zur Hilfe bewegen. Als Einstieg nutzt der Autor eine Geschichte aus dem Alltag und regt dann an sich in die Situation der jüdischen Kinder hineinzuversetzen und sich Australier:innen an deren Stelle vorzustellen. Anschließend wird argumentiert, dass Hilfe und Immigration in großem Umfang durchaus möglich seien. Zuletzt spricht sich Deamer auch gegen Antisemitismus und die daraus resultierende Ablehnung aus. Der Migration sehr positiv gestimmt, setzt sich dieser Leserbrief durch den persönlichen, emotionalen Ton stark von den anderen Artikeln ab. Durch Vergleiche und eine emotions-basierte Erzählweise wird das Thema nahbar. Deutschsprachige Kinder werden nicht spezifisch erwähnt, allerdings lässt sich eine gewisse Inklusion aufgrund des Kontextes annehmen. Die behandelten Personen werden meist schlicht als „children“ oder „jewish children“ bezeichnet. Aufgrund der Verortung dieser Zeitung ist besonders die Aussprache gegen Antisemitismus eher überraschend. [56]
„The Sydney Morning Herald”
„The Sydney Herald“ wurde im Jahr 1831 als Wochenzeitung gegründet. Bereits wenige Jahre nach der Gründung wurde „The Sydney Morning Herald“ zur Tageszeitung.[57]
„The Sydney Morning Herald“ war nach der britischen Tradition geprägt, dies war auch am Layout erkennbar.[58] Damit ist „The Sydney Morning Herald“ die längste durchgehend publizierte Zeitung Australiens.[59]
Auch im „The Sydney Morning Herald” finden sich einige Artikel zum Thema der deutschsprachigen, minderjährigen Migrant:innen.
Der erste im untersuchten Zeitraum publizierte Artikel ist ein Leserbrief vom 21. Jänner 1944. Der Autor schwächt hier Argumente gegen Migration ab und spricht auch rassistisch motivierte Ausgrenzung an: „Coloured races are among out allies in „the fight against Fascism“. They are dying to keep Australia free, if not necessarily “white”.” Trotzdem sollen zu allererst britische Migrant:innen genutzt werden. Dies wird wie folgt argumentiert: „for the British remain a race of individualists and colonisers”. Deutsche wurden auf Platz vier gereiht, da sie bereits im vorherigen Jahrhundert gute Siedler gewesen seien. Dieser Leserbrief erwähnt Kriegs-Waisen nicht eigens, allerdings werden hier die gewünschten Voraussetzungen und Unterschiede in der Behandlung verschiedener europäischer Nationalitäten sehr gut sichtbar. Allgemein scheint man die Migration zu befürworten und auch der Ton bleibt neutral bis positiv. [60]
Im Jahr 1944 wurde das Umschwenken der öffentlichen Meinung, wie auch die Ansicht der australischen Regierung hinsichtlich Immigration von Kindern immer positiver. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits weitere Pläne in Bezug auf die Aufnahme von Kindern nach dem Kriegsende gemacht. Von Seiten der Regierung war man jedoch nur bereit eine bestimmte, sehr limitierte Anzahl an nicht britischen Waisenkindern in Australien aufzunehmen.[61]
Der Diskurs um minderjährige, unbegleitete, deutschsprachige Migrant:innen ist im „The Sydney Morning Herald“ in den Jahren 1947 und 1948 besonders ausgeprägt.
Ein Artikel vom 27. Juni 1947 trägt den Titel „German Children Urged As Migrants“. „Sydney’s women’s organisations favour German children as suitable migrants for Australia.”[62], so wird der Bericht über die Migrations-Debatte begonnen. Es wird berichtet, dass Kinder zwischen zwei und sieben Jahre alt sein sollten und dass man sich gegen den Vorschlag deutsche Mädchen zwischen 15 und 18 Jahre nach Australien zu bringen, geäußert hat. Es gab auch Stimmen für Migrant:innen aus nicht feindlichen Ländern. Zudem werden Aussagen zur Assimilation genannt: „We must remember that as soon as migrants step ashore we want them to become Australians, and we should think of them as Australians, not foreigners.”, “We must be prepared to allow migrants to keep their own cultural patterns and not to push them around of we want them to come to Australia.” Hier wird klar für Migration Stellung ergriffen und auch der Ton ist äußert positiv. Die Kinder werden hier mit den Worten „german children“, „children“ und „child migrants“ bezeichnet.[63]
Ein weiterer Artikel im Zusammenhang mit Women’s Groups erschien nur einen Tag später am 28. Juni 1947. Dieser Leserbrief wurde von einer Frau verfasst und trägt den Titel „The Women’s View – Signs Of Women’s Unity?“. Es wird hier über die Arbeit und auch Probleme der Women’s Organisations berichtet. Ein Absatz ist speziell den Migrationsplänen rund um Kinder gewidmet. Die Autorin spricht sich klar für Migration aus und gibt an, dass die Sydney Women’s Organisations besonders deutsche Kinder als geeignet ansehen. Die Herkunft der Kinder sei jedoch nicht ausschlaggebend und man solle sich auch kranker und schwacher Kinder annehmen. Zudem sollten Migranten dieselben Möglichkeiten wie australische Kinder bekommen. Dieser Leserbrief soll sowohl berichten als auch für die Sache werben. Es wird sich hier klar pro Migration positioniert und der Ton ist allgemein, aber besonders auch im Bezug auf die Kinder, sehr positiv und wohlwollend. Bezeichnet werden diese als „innocent victims of war“, „migrants“ und „child migrants“.[64]
Am 30. Dezember 1947 wurde ein Artikel in der Rubrik Women’s News unter dem Titel „Schemes To Aid Desstitute German People“ publiziert. Hier wird über Margaret Watts und ihre Projekte zur Hilfe der deutschen Menschen berichtet. Watts war Teil einer Hilfseinheit in Deutschland und wirbt für die Immigration junger deutscher Kinder und deutscher Mädchen und Frauen, sowie für individuelle Beteiligung beim Problem der Essensversorgung in Deutschland. Der Plan deutsche Kinder nach Australien zu bringen habe zudem die Zustimmung des Ministers für Einwanderung. Außerdem seien bereits 500 Waisen ausgewählt worden, welche mit Zustimmung bereit zur Abreise wären. Es werden die hier erwähnten Bemühungen mit diesem Artikel beworben und die Einstellung zur Migration ist positiv. Auch der Ton fällt allgemein sehr positiv aus und es werden die Begriffe „german children“ und „orphans“ genutzt.[65]
„Australian Home For German Orphans After Struggle” ist der Titel eines am 15. Jänner 1948 erschienenen Artikels. Dieser hebt sich stark von den bisherigen Texten ab. Erzählt wird hier der Fall einer Adoption von zwei deutschen Waisen durch eine Familienangehörige. Dieses Vorhaben gestaltete sich aufgrund der komplizierten Bürokratie allerdings sehr schwierig. Der Artikel berichtet auch von der geglückten Überfahrt und dem baldigen Ankommen der Kinder und endet wie folgt: „All they will know is that at long last they have reached a new home.“ Dieser persönliche Bericht wirkt der Migration positiv gestimmt und auch der Ton ist überwiegend positiv, allerdings wird die Bürokratie stark kritisiert. Als Bezeichnung der beiden Kinder dient „german orphans“.[66]
Ein letzter Artikel in dieser Zeitspanne erschien am 14. Dezember 1948. Unter dem Titel „Orphans From Germany. May Be Adopted Here” wird über Kinder berichtet, welche in einem Center adoptiert werden könnten. Sie würde aus einem Lager für Vertriebene in Deutschland stammen, wären sorgfältig ausgewählt worden und nicht älter als sieben Jahre. Später könnten auch Kinder aus anderen europäischen Ländern folgen. Es gäbe großen Andrang für solche Vorhaben und die Kinder würden bis zur Adoption unter dem Vormund des Ministers für Einwanderung stehen. Zudem wird über die mögliche Einwanderung von Familien informiert. Die Stellung zur Migration ist positiv und der Ton bleibt neutral. Die minderjährigen Migrant:innen werden als „orphan children“, „child migrants“ und „children“ bezeichnet.[67]
Die Bestrebungen einer assimilierten Zukunft der eingewanderten Kinder wurde vor allem durch Zeitungen, allen voran dem „The Sydney Morning Herald“ getragen. Ab 1948 veröffentlichte „The Sydney Morning Herald“ immer mehr Artikel, welche die Assimilation positiv darstellten. Dabei wurde die Rolle des Innenministers als gesetzlicher Vormund als bedeutende Hilfestellung zur „Australisierung“ der Kinder besonders betont.[68]
Bereits im Jahr 1946 wurde in Australien der Immigration (Guardianship of Children) Act erlassen. Damit wurde der Innenminister automatisch zum Vormund für unbegleitete Minderjährige gemacht.[69]
Vergleich
Generell lässt sich im „The Daily Telegraph“ feststellen, dass die Artikel bzw. deren Autoren der Migration überwiegend positiv gesinnt sind und die deutschsprachigen Migrant:innen unter gewissen Voraussetzungen als willkommene Ergänzung in der Migrationspolitik gesehen werden. Anfangs ist noch etwas mehr Ablehnung spürbar und europäische Kinder werden nur als mögliche Alternative betrachtet, falls es keine passenden britischen Kinder gibt. Nach und nach wird hier allerdings mehr Potential gesehen. Der Vergleich mit weniger erwünschten Nationalitäten bleibt jedoch in der Argumentation erhalten. Die Bedingung einer Altersgrenze bleibt konstant bestehen. Oft wird ein Limit von 6 Jahren festgelegt. Dies soll eine reibungslose Assimilation gewährleisten.
Im „The Sydney Morning Herald” ist die Position im Bezug auf die Migration ähnlich. Alle gefundenen Artikel sprechen sich dafür aus. Der Ton bleibt überwiegend neutral bis sehr positiv und die Kinder werden überwiegend in einem sehr positiven Licht dargestellt. Hier fällt allerdings auf, dass die Einstufung der deutschen Waisen als zweitbeste Alternative zu britischen Kindern dezidiert nur im ersten Artikel stattfindet. Dies ist eher überraschend, da durch die “White Australia policy” britische Kinder lange Zeit als ideale und bevorzugte Migrant:innen angesehen wurden. Danach werden deutschsprachige, minderjährige Migrant:innen zunehmend als sehr gut geeignet und Chance für Australien gesehen. Eine gewisse Altersgrenze für potenzielle Migrant:innen wird auch hier immer wieder erwähnt. Im Gegensatz zu den eher formellen Berichten des „The Daily Telegraph“ sind Artikel der Zeitung „The Sydney Morning Herald“ teils emotionaler aufgeladen und zeigen die Empathie der jeweiligen Autor:innen. Dies könnte auch auf die mehrfache Involvierung von Frauen-Organisationen zurückzuführen sein.
Die Bezeichnungen ähneln sich in beiden Zeitungen. Im „The Daily Telegraph“ werden allerdings die Nationalitäten der Kinder den Bezeichnungen in mehr Artikeln vorangestellt als im „The Sydney Morning Herald“. „Child migrants“, „orphans“ und „children“ werden in beiden Publikationen am häufigsten verwendet.
Conclusio
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Berichterstattung im „The Sydney Morning Herald” als auch im „The Daily Telegraph“ den damaligen gesellschaftlichen Diskursen entspricht. Während rund um das Ende des Zweiten Weltkrieges noch etwas Zurückhaltung herrscht, wird diese Haltung nach dem Ende des Krieges immer weiter aufgeweicht. Mit dem vermehrten Aufkommen des „populate or perish“-Gedankens nimmt auch die allgemeine Ablehnung von nicht britischen Einwander:innen ab. Die Bedenken rund um den Bevölkerungsrückgang werden deutlich. In Bezug darauf wird beispielsweise ein Zitat veröffentlicht, welches die Immigration der „besten weißen Einwander:innen“ fordert. Hier ist die sogenannte „White Australia policy“ in hohem Maße bemerkbar. Dabei ist relevant, dass vor allem weiße Kinder nach Australien einwandern sollen. Besonders britische Kinder stellen aus australischer Sichtweise die idealen Immigrant:innen dar. Dies wird auch in den untersuchten Artikeln immer wieder deutlich gemacht. Im Folgenden wird unter den europäischen Nationen selektiert und priorisiert. Dabei herrschten zahlreiche rassistische Vorurteile. Als Substitut für britische Kinder, wurden in weiterer Folge auch deutsche bzw. deutschsprachige (Waisen-)Kinder als passende Immigrant:innen angesehen. Ein zentraler Aspekt dabei ist auch, dass deutsche Migrant:innen weiß sind. Dabei werden im Zusammenhang mit deutschen Migrant:innen immer wieder Äußerlichkeiten erwähnt. So werden beispielsweise Merkmale wie blaue Augen und blonde Haare betont. Ebenfalls ist der Status als Waisenkinder und ein möglichst junges Alter erwünscht. Kinder unterhalb einer bestimmten Altersgrenze gelten als zu „guten Australier:innen“ erziehbar. Gerade die Altersgrenze wird in einer Vielzahl der untersuchten Artikel erwähnt und damit die Assimilationsfähigkeit der Kinder hervorgehoben. Ein weiterer, mit der Altersgrenze zusammenhängender Faktor, ist das ökonomische Potential, welches Kinder mitbringen. Kinder haben ihr gesamtes Erwerbsleben noch vor sich und es ist ihnen damit möglich, dieses in Australien zu verbringen.
Die Berichterstattung über deutschsprachige, minderjährige und unbegleitete Kinder ist somit durchaus positiv geprägt. Die Haltung gegenüber den Kindern hängt jedoch auch vom Erfüllen der von australischer Seite gewünschten, vielfach äußerlichen Merkmalen ab. Durch den kombinatorischen Blick dieser Arbeit, welche die Teilung der Forschung rund um die Thematik in jene vor und in jene nach 1945 trennt, konnte der Wandel zwischen Ablehnung, Assimilation und Akzeptanz dargestellt werden.
[1] Kathleen Freeman, If Any Man Build : The History of the Save the Children Fund. London: Hodder and Stoughton, 1965, 39.
[2] Glen Palmer, “RELUCTANT REFUGE: Unaccompanied Refugee and Evacuee Children in Australia”, 1933-45, phil. Diss., University of Adelaide 1995, 1.
[3] Palmer, “RELUCTANT REFUGE”.
[4] Trove ist ein online frei zugängliches Forschungsportal. Dabei handelt es sich um eine Kooperation der australischen Nationalbibliothek mit vielen anderen australischen Partnerorganisationen und Museen. Unter anderem sind auch diverse Zeitungsartikel archiviert. (https://trove.nla.gov.au/)
[5] Michele Langfield, “Memories of Jewish Child Refugees in Australia”, In: Holocaust Studies 16:3 (2010), 79-94.
[6] Ruth Balint, “Children Left Behind: Family, Refugees and Immigration in Postwar Europe”, In: History Workshop Journal, No. 82 (AUTUMN 2016), 151-172.
[7] Palmer, “RELUCTANT REFUGE”.
[8] Glen Palmer, “Seventeen Children: Australia’s Response To German Jewish Refugee Children 1933-1945”, Melbourne 1995.;
Glen Palmer, “Resilience in child refugees: An historical study”, In: Australasian Journal of Early Childhood 25(3) (2000).
[9] Charles Price, “Immigration Policies and Refugees in Australia”, In: The International Migration Review , Spring – Summer, 1981, Vol. 15, No. 1/2, (1981), 99-108.
[10] Karen Agutter, “Fated to be Orphans: The Consequences of Australia’s Post-War Resettlement Policy on Refugee Children”, In: Children Australia, Vol. 41, Nr. 3 (2016), 224-231.
[11] Susan Jacobowitz, “REFFOS, WOGS AND DAGOES: The Immigration Experience In Post-World War II Australia”, New York 2016.
[12] Suzanne D. Rutland, “A Distant Sanctuary: Australia and Child Holocaust Survivors”, In: Simone Gigliotti und Monica Tempian (Hg.), The Young Victims of the Nazi Regime: Migration, the Holocaust and Postwar Displacement, London 2016, 71-90..
[13] Philipp Strobl, “Austrian-Jewish Refugees in Pre- and Wartime Australia Ambivalent Experiences of Encounter”, In: Zeitgeschichte, Heft 2 (2021), 2.
[14] Graeme Hugo, “Change and Continuity in Australian International Migration Policy.”, In: The International Migration Review 48, no. 3 (2014), 868–90, 869.
[15] Price, “Immigration Policies and Refugees in Australia”, 99.
[16] Hugo, “Change and Continuity in Australian International Migration Policy.”, 869.
[17] Patrick Ongely und David Pearson, “Post-1945 International Migration: New Zealand, Australia and Canada Compared.”, In: The International Migration Review 29, no. 3 (1995), 765–93.
[18] Eve Lester, “AUSTRALIAN RESPONSES TO REFUGEE JOURNEYS: Matters of Perspective and Context.”, In: Refugee Journeys: Histories of Resettlement, Representation and Resistance, edited by Jordana Silverstein and Rachel Stevens, 1st ed., ANU Press (2021), 23-50, 23.
[19] James Jupp, “From “‘White Australia’ to ‘Part of Asia’: Recent Shifts in Australian Immigration Policy Towards the Region.”, In: The International Migration Review 29, no. 1 (1995), 207–28, 208.
[20] Astrid Tumpold-Juri, SKIM OFF THE CREAM: Auswanderung von Österreich nach Australien 1947-1978, Dissertation Universität Graz (2008), 41.
[21] James Jupp, “From “‘White Australia’ to ‘Part of Asia’: Recent Shifts in Australian Immigration Policy Towards the Region.”, In: The International Migration Review 29, no. 1 (1995), 207–28, 208.
[22] Ongley, Pearson, “Post-1945 International Migration”, 771-772.
[23] Sev A. Ozdowski, “The Law, Immigration and Human Rights: Changing the Australian Immigration Control System.”, In: The International Migration Review 19, no. 3 (1985), 535–54.
[24] Ongley, Pearson, “Post-1945 International Migration”, 771-772.
[25] Andrew Markus, “Labour and Immigration 1946-9: The Displaced Persons Program.”, In: Labour History, no. 47 (1984),73–90, 86.
[26] Andrew Markus, “Labor and Immigration: Policy Formation 1943-5”, In: Labour History, no. 46 (1984), 21–33, 27.
[27] Markus, “Labor and Immigration: Policy Formation 1943-5”, 27.
[28] Jupp, “From “‘White Australia’ to ‘Part of Asia’, 208.
[29] Markus, “Labor and Immigration: Policy Formation 1943-5”, 21–33.
[30] Palmer, “RELUCTANT REFUGE”, 125.
[31] Markus, “Labor and Immigration: Policy Formation 1943-5”.
[32] Palmer, “RELUCTANT REFUGE”, 4-5.
[33] = United Nations Relief and Rehabilitation Administration
[34] Simone Gigliotti und Monica Tempian (Hg.), The Young Victims of the Nazi Regime: Migration, the Holocaust and Postwar Displacement, London 2016.
[35] = International Refugee Organisation
[36] Tumpold-Juri, „SKIM OFF THE CREAM“, 81.
[37] Jacobowitz, “REFFOS, WOGS AND DAGOES”, 78.
[38] Victor Isaacs und Rod Kirkpatrick, Two hundred years of Sydney newspapers: A Short History, Sydney 2003, 8.
[39] The Daily Telegraph (Sydney), Museum of Australian Democracy at Old Parliament House, URL: https://moadoph.gov.au/explore/behind-the-lines/the-daily-telegraph-sydney (abgerufen am 20.02.2025).
[40] Isaacs, Kirkpatrick, Two hundred years of Sydney newspapers and Rod, 8.
[41] Want Child Migrant Plans Now, The Daily Telegraph, 16.11.1943, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/247809367/27292229.
[42] Alien Child Migrants, The Daily Telegraph, 08.12.1944, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/248072752/27314894 .
[43] Permit For Jewish Orphan Migrants, The Daily Telegraph, 09.12.1944, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/248070982/27314918.
[44] Permit For Jewish Orphan Migrants, The Daily Telegraph, 09.12.1944, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/248070982/27314918.
[45] Permit For Jewish Orphan Migrants, The Daily Telegraph, 09.12.1944, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/248070982/27314918.
[46] No objection to German orphans, The Daily Telegraph, 08.07.1945, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/247637055/27283623.
[47] No objection to German orphans, The Daily Telegraph, 08.07.1945, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/247637055/27283623.
[48] No objection to German orphans, The Daily Telegraph, 08.07.1945, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/247637055/27283623.
[49] Palmer, “RELUCTANT REFUGE”, 64.
[50] People Australia, Georg William Martens, URL: https://peopleaustralia.anu.edu.au/biography/martens-george-william-34460 (abgerufen am 11.04.2025).
[51] Young German Child Migrants Advocated, The Daily Telegraph, 31.08.1945, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/247633007/27284967.
[52] Palmer, “Seventeen Children”, 95.
[53] Many suggestions on child migration, The Daily Telegraph, 26.05.1946, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/248505919/27447483.
[54] Many suggestions on child migration, The Daily Telegraph, 26.05.1946, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/248505919/27447483.
[55] Palmer, “RELUCTANT REFUGE”, 129.
[56] Letter form an angry man. Can you hear the cry of Europe’s children?, The Daily Telegraph, 26.05.1946, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/248505952/27447478.
[57] A history of the Herald, The Sydney Morning Herald, URL: https://www.smh.com.au/national/a-history-of-the-herald-20031125-gdhuol.html (abgerufen am 20.02.2025).
[58] Isaacs, Kirkpatrick, Two hundred years of Sydney newspapers and Rod, 14.
[59] The Sydney Herald (NSW: 1831-1842), TROVE, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/title/37 (abgerufen am 20.02.2025).
[60] Letters. Immigration and Defence, The Sydney Morning Herald, 21.01.1944, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/27941963/1087246.
[61] Palmer, “RELUCTANT REFUGE”, 176-177.
[62] German Children Urged As Migrants, The Sydney Morning Herald, 27.06.1947, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/18032674/1007379.
[63] German Children Urged As Migrants, The Sydney Morning Herald, 27.06.1947, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/18032674/1007379.
[64] The Women’s View – Signs Of Womens’s Unity, The Sydney Morning Herald, 28.06.1947, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/27901304/1007406.
[65] Schemes To Aid Destitute German People, The Sydney Morning Herald, 30.12.1947, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/18055614/1011491.
[66] Australian Home For German Orphans After Struggle, The Sydney Morning Herald, 15.01.1948, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/18057391/1011703.
[67] Orphans From Germany. May Be Adopted Here, The Sydney Morning Herald, 14.12.1948, trove, URL: https://trove.nla.gov.au/newspaper/article/18097575/1016446.
[68] Jordana Silverstein, ‘The Beneficent and Legal Godfather’: A History of the Guardianship of Unaccompanied Immigrant and Refugee Children in Australia, 1946–1975.” The History of the Family 22 (4): 446–65. doi:10.1080/1081602X.2016.1265572, 2017, 459.
[69] Silverstein, The Beneficent and Legal Godfather’, 447.
